Klötzke, Ernst August

Zauberlehrling und Hexenmeister

Komponieren mit Kindern: Erfahrungen mit dem Educationprojekt „move@school“

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 3/2012 , Seite 26

Seit einigen Jahren gibt es unterschiedliche Initiativen in Schulen zur Vermittlung von kompositorischem Handwerk durch externe Fachkräfte. Während die meisten dieser Projekte die SchülerInnen sowohl als Kompo­nie­rende als auch als Ausführende ­einbinden, hat das Hessische Staats­theater Wiesbaden auf Initiative des dort beheimateten Jugendreferats dieser Idee einen weiteren Aspekt entlockt. Nicht ausschließlich Schü­le­rinnen und Schüler sollten das Erfundene interpretieren, sondern auch das Hessische Staatsorchester unter der Leitung ­von Marc Piollet. Unser Autor berichtet als Mitverant­wortlicher des Projekts von seinen Erfahrungen.

Ausgangspunkt war die Ballade Der Zauberlehrling von Johann Wolfgang von Goethe, die im abschließenden Konzert in der Vertonung von Paul Dukas als Referenzwerk gespielt wurde. Ich habe mich im Vorfeld entschieden, die Dukas’sche Vertonung den SchülerInnen nicht vorzustellen, um ihnen nicht den Eindruck zu vermitteln, dass ihr Ergebnis sich mit diesem Werk messen lassen müsse.
Die vorgefundene Situation in der Grundschule Wiesbaden-Bierstadt – eine der teilnehmenden Schulen, mit denen ich gearbeitet habe – war eine glückliche: Diese Schule hat eine Musik-AG. Das Alter der SchülerInnen lag bei acht bis neun Jahren. Im Vorfeld wurden die Kinder dahingehend vorbereitet, dass sie die Instrumente des Orchesters kennen lernten und darüber hinaus eine Probe des Hessischen Staatsorchesters Wiesbaden besuchten mit der Möglichkeit, Fragen zu unterschiedlichen Spielweisen und Besonderheiten der Instrumente zu stellen.
Um sicherzugehen, dass alle SchülerInnen trotz unterschiedlicher musikalischer Vorbildung mitarbeiten können, begannen wir zunächst, die handelnden Figuren der Geschichte szenisch darzustellen. Es wurde ein Fragenkatalog erstellt, der so gestaltet war, dass die möglichen Antworten musikalisch umsetzbar sein sollten. Mit den SchülerInnen wurde besprochen und ausprobiert, dass lediglich Bewegungen und Charaktere in Musik übertragbar sind und dass diese im Sinne musikalischer Parameter beschrieben werden sollen.

Musikalische Über­tragung von Personen

Als Beispiel sei hier die Figur des Hexenmeisters angeführt. Goethe benennt ihn als „alten“ Hexenmeister. Einer der Schüler bekam die Aufgabe, so durch das Klassenzimmer zu laufen wie der Hexenmeister. Er tat dies und die anderen SchülerInnen übten anschließend Kritik an seinem Angebot. Daraus und aus weiteren Versuchen, auch mit anderen Kindern als Protagonisten, kristallisierte sich das folgende Bewegungsmuster heraus:
– langsam,
– hinkend,
– schwerfällig,
– mit kleinen Schritten,
– leise.
Der Charakter wurde beschrieben als
– dunkel und
– in gewisser Weise bedrohlich.
Die nächste Frage war die der Übertragbarkeit in ein musikalisches Thema für den Hexenmeister. Das Tempo sollte langsam sein, der Rhythmus punktiert („hinkend“), die melodische Fortschreitung in kleinen Intervallen und legato, die Grunddynamik piano (da laut Aussage der SchülerInnen alte Menschen eher leise seien).

Lesen Sie weiter in Ausgabe 3/2012.