Obermair, Romana / Peter Brugger
Zeitreise durch die Musik für Kinder
Erzählungen und Klaviermusik von fremden Ländern und Menschen, Barock/Klassik, mit CD und App
Das Buch enthält eine kleine Musik- und Kulturgeschichte der Epochen Barock und Klassik, kindgemäß erzählt und ansprechend bebildert. Anregungen zum Malen, Suchbilder und kleine Quiz-Aufgaben machen die Beschäftigung mit der Materie für Kinder abwechslungsreich. Manches wirkt aber auch ein wenig beliebig und mosaikhaft: So folgt auf die Erwähnung von Rousseaus Philosophie der neuentdeckten Kindheit übergangslos eine Geschichte über das Wunderkind Mozart, das in seiner Jugend wohl alles andere als ein kindgemäßes Leben gehabt hat. Zwischen die Geschichten sind inhaltlich passende Musikstücke eingestreut.
Das Alter der Zielgruppe ist nicht ganz eindeutig: Die Spielanregungen sprechen eher Grundschulkinder an, während die geschichtlichen Texte und Fachbegriffe den Verständnishorizont einer späteren Altersgruppe voraussetzen. Das Heft ist medial auf der Höhe der Zeit: Zusätzlich zur beiliegenden Audio-CD kann eine App heruntergeladen werden, die Material und weitere Funktionen enthält, unter anderem Links zu YouTube.
So interessant und ansprechend die Textteile gestaltet sind, so wenig erfreulich ist der musikalische Anteil. Der Begriff „Klaviermusik“ im Untertitel führt auf eine falsche Fährte: Die zwischen die Geschichten eingestreuten Musikstücke sind meist keine Original-Klaviermusik, sondern teilweise recht schwere Klavierbearbeitungen von Orchester- und Gesangskompositionen. Es beginnt mit einem Klavierauszug aus Vivaldis Jahreszeiten, gefolgt von Sätze aus Händels Feuerwerksmusik und auf zwei Seiten wird gar eine Anleitung zum Generalbass-Spiel gegeben.
Aus zwei verstümmelten Sätzen aus Bachs Kunst der Fuge wird ein Stück zusammengesetzt, die Vogelfänger-Arie aus der Zauberflöte wird ohne Gesangstext als Klavierauszug dargestellt und es gibt sogar einen richtig schweren Klavierauszug einer zusammengeschnittenen Fassung des ersten Satzes aus Beethovens c-Moll-Sinfonie sowie vereinfachte Versionen zweier Forellen-Variationen aus Schuberts Klavierquintett.
All dies wird im Klappentext als „altersgemäße Bearbeitungen“ bezeichnet. Nicht einmal auf der Audio-CD sind die abgedruckten Orchesterkompositionen im Originalklang zu hören, sondern wurden in den verkürzten Fassungen auf Klavier und Cembalo eingespielt. Die Frage stellt sich, ob derartige Vereinfachungen wirklich kindgemäß sind und Neugier und Interesse wecken. Ist es nicht vielmehr so, dass die „großen Originale“ Kinder viel mehr beeindrucken? Kinder sollten vom Eindruck der Musik überwältigt werden, nicht von Light-Versionen.
Der Band ist als kurzweilige, abwechslungsreiche Information über zwei musikgeschichtliche Epochen für lesefreudige Kinder interessant, aber als Material für den Klavierunterricht nicht empfehlenswert.
Christoph Hempel