Steenhoven, Karel van

Zukunftsmusik auf der Blockflöte

Plädoyer für die Entwicklung einer „aktuellen Blockflöte“

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 1/2015 , Seite 42

Die Blockflöte ist das einzige Musikinstrument, das eine Rückwärtsentwick­lung durchgemacht hat. Dadurch hat sie sich fast vollständig von den anderen “klassischen”, in der Romantik und im 20. Jahrhundert weiterentwickelten Instrumenten entfremdet. Es wird Zeit, die spiel- und bautechnische Lücke zu schließen und eine “aktuelle Blockflöte” zu entwickeln.

Eine kleine Schulflöte des frühen 20. Jahrhunderts ist in Abbildung 1 zu sehen. Und in Abbildung 2 ist ein Beispiel einer Schulblockflöte abgebildet, wie sie jetzt im 21. Jahrhundert gebaut und verwendet wird. Die Frage, die beim Anschauen dieser beiden Flöten aufkommt, ist: Was ist hier in hundert Jahren Instrumentenbauentwicklung mit der Blockflöte passiert? Warum sind die Klappen verschwunden und nicht, wie bei allen anderen Holzblasinstrumenten, verbessert worden? Warum sind nicht noch mehr Tonlöcher dazu gekommen für weitere Spiel- und Intonations­möglichkeiten? Warum sind die Metallringe zur Verstärkung verschwunden? Warum ist die schlanke, klassische Form nicht weiter mitgewachsen mit der Ästhetik des 20. und 21. Jahrhunderts? Stattdessen sehen wir die Rückkehr zu einer renaissance-barocken Form­gebung.
Sicher haben die wiederentdeckten Kenntnisse der Bau- und Spielkunst des Barock und der Renaissance auch eine Welt eröffnet, die zu einer Bereicherung des Klangspekt­rums der Blockflötentypen wie Csakan, Flageolet und Flûte Douce geführt hat. Vor allem die Wiederentdeckung der ganzen Blockflötenfamilie vom Subkontrabass bis zum Garklein-Flötlein, die ein zeitentsprechendes Consortspiel ermöglichte, ist eine Erweiterung, die fest mit der Blockflöte verbunden ist. Gerne möchte ich betonen, dass viele sehr gute BlockflötistInnen, Ensembles und inspirierte Lehrkräfte dafür gesorgt haben, dass „der Blockflötist“ und „die Blockflötistin“ heute wieder gern gesehene Musiker und musikalische Kollegen sind und dass das Blockflötenspiel im historischen und im experimentellen, zeitgenössischen Bereich eine kleine, aber interessante Rolle spielt. Es sind aber die MusikerInnen, die akzeptiert werden, und nicht das Instrument!

Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2015.