Clausen, Bernd / Alexander J. Cvetko / Stefan Hörmann / Martina Krause-Benz / Silke Kruse-Weber

Grundlagentexte Wissenschaftlicher Musikpädagogik

Begriffe, Positionen, Perspektiven im systematischen Fokus

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Waxmann, Münster 2016
erschienen in: üben & musizieren 3/2017 , Seite 50

Wissenschaftsdisziplinen, erst recht relativ junge wie die Musikpädagogik, brauchen die Debatte über ihr Selbstverständnis, ihre Qualitätsvorstellungen und ihre jeweils aktualisierte Standortbestimmung. Was Wissenschaft „ist“ und welche Geltung sie beansprucht, stellt sich in verschiedenen Disziplinen wie der Philosophie, den Geistes- und Sozialwissenschaften, den Naturwissenschaften usw. äußerst unterschiedlich dar. Überall braucht es den konstruktiven, kollegialen Streit um Positionen, manchmal auch das Ringen um die Deutungshoheit.
Die Musikpädagogik ist geprägt durch ihren Platz im Panorama der Nachbarwissenschaften. Wur­de sie lange wesentlich bestimmt durch die Musikwissenschaft, so rückten später unter anderem pädagogische bzw. erziehungswissenschaftliche Sichtweisen in den Vordergrund; und seit einiger Zeit werden Methoden und Denkarten der empirischen So­zialforschung stärker einbezogen. Aber auch Philosophie, Psychologie, Kommunikationswissen­schaften und viele andere mehr gehören in dieses Panorama.
Im ersten Beitrag des vorliegenden Buchs (Stefan Hörmann, Eva Meidel) geht es vor allem darum, für „Orientierung im Begriffsdschungel“ zu sorgen. Mit Hilfe des „Bamberger Fachstrukturmodells“ wird die wissenschaftliche – historische, empirische, komparative, systematische – Musikpädagogik in den Blick genommen und in den Kontext von Musikdidaktik (Vorgaben, Vorschläge für Unterricht) und Praxis (konkreter Umgang mit Musik) gestellt. Insgesamt ist es das Anliegen des Buchs, der systematischen Forschung zugunsten des wissenschaftlichen Profils der Musikpädagogik einen Impuls zu geben, dies vor allem mit Hilfe einer „Perspektiverweiterung“.
Die Autorinnen und Autoren – Professuren der Universitäten bzw. Hochschulen in Bamberg, Mannheim, Trossingen, Würzburg, Graz – haben sich zu einem Forschungsteam zusammen­ge­schlossen und legen mit diesen „Grundlagentexten“ ihre erste gemeinsame Publikation vor. Nach dem genannten Beitrag präsentiert Alexander J. Cvetko einen Artikel zur historischen Unterrichtsforschung, Bernd Clausen schreibt über die Komparative (internationale) Musikpädagogik, Silke Kruse-Weber und Cristina Marin skizzieren die Rahmenbedingungen und Entwicklungstendenzen einer wissenschaftlichen Instrumental­pädagogik und Martina Krause-Benz unterstreicht den Stellenwert der Wissenschaft im Stu­dium für das Lehramt Musik.
Beim Lesen ist es sowohl gewinnbringend, die Beiträge in ihrer jeweils spezifischen Argumen­tationsweise zu erfassen, als auch die innere Vernetzung der Aufsätze zu sehen und zu reflektieren. Für alle, die sich um die Weiterentwicklung der Musikpädagogik als einer wissenschaftlichen Disziplin kümmern möchten, ist dieses Buch unverzichtbar.
Franz Niermann