Richards, Tim

Blues, Boogie and Gospel Collection

mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, London 2016
erschienen in: üben & musizieren 3/2017 , Seite 54

Der renommierte englische Jazzmusiker Tim Richards stellt mit dem vorliegenden Band seiner „Brazilian Piano Collection“ ein Pendant zur Seite und erweitert damit seine bisher vier Bände umfassende Reihe „Exploring Jazz, Blues, Latin Piano“. Richards ist ein über Jahrzehnte in verschiedenen Bands konzertierender Pianist, sein bluesbetontes Spiel ist dem Modern Jazz zuzuordnen. Die 15 Stücke diese Bandes hat er selbst in sehr gutem Timing eingespielt, zum Teil mit Beispielen für Improvisationen, die KlavierspielerInnen unteren bis mittleren Niveaus nicht abschrecken, sondern zu eigenen Versuchen animieren.
Jedes Stück wird vom Autor stilistisch benannt und mit kurzen, präzisen Hinweisen zum Aufbau, zur Spielweise, zur Verwendung von Akkorden und Skalen versehen. Zum Teil werden Jazzpianisten genannt, deren Spielweisen für einzelne Stücke Pate standen (wie Jimmie Yancey oder Thelonious Monk), vereinzelt sogar konkrete Titel erwähnt. Mit Ausnahme von The Jelly Roll Blues, einem Arrangement eines Stücks von Jelly Roll Morton, und dem Gospel Wade in the Water sind alle Titel Eigenkompositionen.
Geschickt ist Richards’ Klaviersatz, der reduziert ist, jedoch die Spezifik der jeweiligen Stile deutlich hervortreten lässt. Dieser authentische Klang bei technisch nicht zu hohen Hürden lässt diesen Band für den Jazzklavierunterricht sehr geeignet erscheinen. Auch ein Selbststudium ist mit diesem Material möglich. Im Anhang finden sich eine knappe Akkord- und Skalenlehre, stets auf den Ton c bezogen. Ungewöhnlich ist die Ableitung des Dorischen aus der Dur-Tonleiter. Diese Informationen sollten durch anderweitige ergänzt werden, um genügend Grundlagen zum Improvisieren zu haben. Die Tipps zum Timing und zum Trennen der Hände beim Üben zeigen den erfahrenen Praktiker.
Die Blues-Stücke dieses Bandes beziehen sich meist auf das zwölftaktige Standard-Schema, bieten hier jedoch verschiedene Varianten an wie VI-II-V-I in Blues for Charly, tritonus-vertauschte Dominanten in Big Bear Blues oder Mixturen in In the Balance. Weitere Abwechslungen entstehen durch verschiedene Ton­arten (bis zu drei Vorzeichen), reine Moll-Stücke, unterschied­liche Tempi, Taktarten, Feelings, Spielweisen. Gerade der Blues sollte als eigene Gattung sowie als die wohl wichtigste Grund­lage für Rock und Jazz im Unterricht gepflegt werden. Gospels und Boogies sind hier mit weniger Beispielen vertreten, die Gattungsgrenzen freilich sind fließend.
Das Notenbild ist gewohnt sehr gut lesbar, Akkordbezeichnungen sind klar und korrekt eingetragen (amerikanische Schreibweise), Fingersätze zum Teil empfohlen. Diesem Heft ist eine weite Verbreitung zu wünschen.
Christian Kuntze-Krakau