Ibrahim, Abdullah

African Song

für Querflöte und Klavier, bearb. von Vera Mohrs

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2017
erschienen in: üben & musizieren 3/2017 , Seite 57

„Es gibt Leute, die nur spielen können, wenn sie ein Notenblatt vor sich haben. Wir anderen aber improvisieren, ohne das Ziel zu kennen. Das macht uns frei. Wir fürchten uns nicht vor Situationen, die wir nicht kennen. Wir haben einen Song, haben Rhythmus, Harmonie, Tonlage – und dann fangen wir an, damit zu spielen, stellen alles auf den Kopf. Jazzmusiker wussten schon immer, dass alles mit allem zusammengehört. Musikalisch verfügen wir über die gleichen Informationen wie klassische Musiker, nur machen wir etwas ganz anderes daraus. Wir haben keine Angst, die Dinge laufen zu lassen.“
Welcher Jazzfan kennt ihn nicht – der 1934 in Kapstadt geborene Abdullah Ibrahim ist wohl einer der bedeutendsten Jazzkomponisten und Musiker unserer Zeit. Legendär wurde beispielsweise seine Komposition Mannenberg (1974), die innerhalb kürzester Zeit zur inoffiziellen Hymne der Anti-Apartheid-Bewegung avancierte. Als Bündelung seiner musikalischen Wurzeln kann man die ursprünglich für Klavier entstandenen African Songs (Schott 2011) sehen, in denen die den Ausnahmemusiker prägenden Einflüsse des Jazz, Gospel und der traditionellen Musik Südafrikas eine faszinierende Verbindung eingehen.
Aus den 15 Song-Improvisationen, die die Grundlage für die pianistische Version bilden, legt Vera Mohrs nun eine Bearbeitung eines Songs für Flöte und Klavier vor. Als Instrument des Jazz ist die Flöte ja inzwischen etabliert und so wird es spielfreudigen Profis ebenso viel Freude machen wie fortgeschrittenen SchülerInnen, sich mit dieser Bearbeitung zu befassen. Anknüpfungspunkte sind jedenfalls gegeben in dem rhythmisch mitreißenden, auf den ersten Blick durch zahlreiche Wiederholungen und ohne nennenswerte technische Herausforderungen nicht gerade komplexen Stück.
Die Schülerin wird sich mit dem Erlernen des gut liegenden Notentexts begnügen, Geduld aufbringen, um ihn mit sorgsamer Akzentuierung und Synkopierung ins Tempo hinaufzuziehen und in einen frei atmenden Dialog mit ihrem Klavierpartner überzugehen. Der professionelle Flötist wird diese Ausgabe als willkommene Inspiration zur virtuosen Improvisation zu nutzen wissen und sollte sich für dieses Unterfangen einen ebenso spielfreudigen Pianisten als Partner suchen, der sich vom Notentext ebenfalls löst und insbesondere im Mittelteil in den freien Dialog mit der Flöte tritt. Motorisch stark bewegte unbändige Spielfreude, Fröhlichkeit und Lebenslust entfalten sich hier bei den unverkennbar afrikanisch geprägten Patterns erst im Tempo, das mit „Fast, light swing q = 144“ angegeben ist.
Als Vortragsstück bereichert dieses Arrangement unzweifelhaft die Literatur im fortgeschrittenen Unterrichtsbereich. Auch ohne eigene Improvisation bildet dieser African Song einen überaus spritzigen Abschluss eines Schülerkonzerts.
Christina Humenberger