Schmidt, Martin

1-2-3-4-p-i-m-a

Gitarren-Würfel im Test

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 4/2017 , Seite 21

Technikübungen sind für die meisten GitarrenschülerInnen nicht das Lieblingsthema im Unterricht. Auch die hierfür notwendigen Bezeichnungen von Fingern der linken und rechten Hand, der verwendeten Lage oder Saite werden gerne ignoriert und als zu kompliziert oder unverständlich abgetan.
Michael Salb hat deswegen die Gitarren-Würfel ersonnen, um sich dem Thema auf spielerische Weise zu nähern. Das Gitarren-Würfel-Set enthält vier Würfel, die mit verschiedenen Zahlen und Zeichen aus der Terminologie der klassischen Gitarre versehen sind. Würfel 1 ist mit den Zahlen 1 bis 6 für die Saiten versehen. Würfel 2 hat sechs römische Ziffern für die Lagen. Würfel 3 zeigt die Finger der linken Hand von 1 bis 4 sowie den Vierfinger-Aufsatz oder ein Sternchen für einen beliebigen Finger. Würfel 4 ist mit den Bezeichnungen p, i, m, a, im und am für die Finger der rechten Hand illustriert.
Im Unterricht kann man nun durch Würfeln diverse Kombinationen erzeugen und diese anschließend auf der Gitarre spielen. Dies kann zum Beispiel eine kleine Melodie sein, die mit einem bestimmten Finger angeschlagen werden soll, ein Ton, der auf einer bestimmten Saite gespielt wird, oder eine Kombination aus linker und rechter Hand (z. B. spiele den Ton E auf der gewürfelten Saite, mit dem gewürfelten Finger der linken Hand und schlage ihn mit dem gewürfelten Finger an).
Zur Verdeutlichung der verschiedenen Symbole funktioniert das Würfel-Set bestimmt gut und der spielerische Aspekt dürfte auch jüngeren oder tendenziell uninteressierten SchülerInnen Spaß machen. Vom entstehenden musikalischen Material bin ich jedoch nicht ganz überzeugt. Technikübungen entstehen meistens aus Tonleitern oder chromatischen Figuren, die man in einer bestimmten Lage oder einem speziellen Anschlag ausführt, um Exaktheit und Tempo zu verbessern. Nehmen wir an, die Aufgabe ist es, die C-Dur-Tonleiter zu spielen, und wir würfeln den Anschlagsfinger. Vier der sechs Möglichkeiten ergeben den Anschlag mit einem Finger:  ein eher unüblicher Ansatz für schnelles Spiel. Man könnte auch eine bestimmte Tonfolge vereinbaren wie e, fis, g, fis und diese auf einer erwürfelten Saite spielen. Die so entstehenden Übungen erschöpfen sich aber recht schnell und wirken für mich etwas konstruiert statt an echten spielerischen Problemen orientiert.
Technikübungen werden in der Regel dann interessant, wenn der Schüler bestimmte Dinge, die er spielen möchte, nicht hinbekommt und deswegen Wege sucht, die dafür nötige Technik zu verbessern. Das erfordert eine gewisse spielerische Reife und relativ großes Interesse am Instrument. Der Ansatz der Gitarren-Würfel hingegen ist eher kindlich und versucht, das Interesse an technischen Details und Bezeichnungen durch ein Konzept jenseits des eigentlichen Gitarrenspiels zu wecken. Ein Ansatz, der im Klassenunterricht in der Schule sicher seine Berechtigung hat, aber im Einzelunterricht meiner Meinung nach vom Wesentlichen ablenkt: dem Erklären und Vermitteln, warum Technikübungen und technische Bezeichnung musikalischen Sinn machen und erlernt werden sollen.
Die Gitarren-Würfel bleiben daher ein unterhaltsames Spielzeug, um bestimmte Gitarren-Termini zu erklären, bieten aber wenig Möglichkeiten für einen längerfristigen Einsatz im Unterricht.

Bestellung: wuerfel@salb.info