Engelhardt, Sandra

Auf der Tönewiese

Spielideen und Tipps für den elementaren Instrumentalunterricht auf der Querflöte

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 4/2017 , Seite 32

“Querflötenunterricht mit fünf- bis siebenjährigen Kindern? Sollten die nicht erst einmal Blockflöte lernen?” Vor den Vor­stellungsrunden meiner Workshops könnte ich Wetten darauf abschließen, dass diese Frage gestellt wird – denn sie kommt immer. Doch warum sollten wir die Neugier der Kinder auf ein Instrument ausbremsen?

„Frau Engelhardt! Frau Engelhardt!“ Kaum habe ich die Tür zu meinem Unterrichtsraum geöffnet, steht Rieke schon aufgeregt zappelnd vor mir. „Guck mal!“ Und während Amelie und Hannes an mir vorbeistürmen und sich ihre Lieblingsplätze am Tisch sichern, steht Rieke breit grinsend vor mir und präsentiert stolz ihr zahnloses Lächeln. „Wow“, sage ich anerkennend, „noch einer weniger!“ Sie hat jetzt gar keine Schneidezähne mehr. „Und hast du schon mal probiert, wie das mit dem Flötespielen so geht?“, frage ich leicht skeptisch nach, doch Rieke winkt gleich ab. „Naja, die Luft kitzelt irgendwie da, wo der Zahn war. Aber weißt du was? Apfel essen geht jetzt gar nicht mehr…“ Und damit ist das Thema für sie erledigt.
Wie beneidenswert, so unverkrampft mit Schwachstellen umzugehen; nicht zu verzweifeln, wenn es mal nicht so gut klingt; die Freude am Flötespielen nicht zu verlieren, weil „Flötespielen“ so viel mehr bedeutet, als perfekte Töne zu produzieren…
Seit ich mit den jungen AnfängerInnen arbeite, werde ich immer wieder damit konfrontiert, wie freudlos doch das Selbstverständ­liche ist – und welche Welten es zu entdecken gibt in dem für uns „fertig“ ausgebildete InstrumentalistInnen so selbstverständ­lichen Umgang mit unserem Instrument und dessen Spielweise.

Ohrenkitzel

„Können wir heute wieder mit dem Ohrenkitzel anfangen?“, fragt Hannes, und die beiden Mädchen sind sofort begeistert. Eigentlich hatte ich diese Übung einmal als „Hell oder dunkel?“ vorgestellt. Denn bei dieser Gehörübung geht es darum, Tonhöhenunterschiede zu benennen. Dazu steht ein Kind mit geschlossenen Augen in der Mitte des Raums. Die anderen überlegen sich, wer einen hellen (also hohen) Ton spielt und wer einen dunklen (also tiefen Ton). Dabei habe ich zunächst Töne zur Auswahl vorgegeben, die deutlich voneinander entfernt sind. Doch bereits mit Kopfstücktönen (offenes und abgedecktes Rohrende) lässt sich dieses Spiel in den Flötenunterricht einbauen. Dann verteilen sich die Kinder im Raum um das hörende herum und spielen ihren Ton – zunächst nacheinander, damit das hörende Kind lernen kann, worauf es sich konzentrieren soll. Es zeigt dann in die Richtung, aus der der Ton kommt und benennt die Tonhöhe (hell oder dunkel). Wenn dies gut gelingt, werden die Töne auch gleichzeitig gespielt. Und genau dabei entsteht der „Ohrenkitzel“: wenn die beiden Töne im Ohr hin- und herspringen, weil das Ohr sich nicht entscheiden kann, welchen Ton es jetzt zuerst hören will – was für eine wunderbare Erklärung!

Lesen Sie weiter in Ausgabe 4/2017.