Beethoven, Ludwig van

Zwei Sonaten in E, G

für Klavier op. 14

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2016
erschienen in: üben & musizieren 4/2017 , Seite 53

Die Rezensentin ist begeistert. Unbeeindruckt von der allgemein zu beobachtenden Tendenz der Bevorzugung des schnellen, elektronischen und vielleicht auch kostenfreien Zugriffs auf Notentexte edieren einige Verlage wie Henle, Wiener Urtext Edition und eben auch Bärenreiter ihre Urtextausgaben in einer Qualität, die höchsten Ansprüchen genügt.
Jonathan Del Mar, versierter Beet­hoven-Experte, gibt bei Bärenreiter Beethovens sämtliche Klaviersonaten in Einzelausgaben heraus, wobei jeweils alle Werke eines Opus in einem Heft gruppiert sind: die Sonaten op. 2, op. 13, op. 27, op. 28, op. 53, op. 57, op. 101 und nun auch die beiden Sonaten op. 14 E- und G-Dur. Dies geschieht in „kritisch-praktischer Urtext-Edition auf dem neuesten Stand der Forschung“, so der Verlag.
Im konkreten Fall stellt sich dies folgendermaßen dar: Am Anfang steht eine fundierte historische Einleitung von Misha Donat über die Entstehungsgeschichte und Rezeption der beiden Sonaten,  es folgt ein Vorwort von Jonathan Del Mar, in dem die Quellenlage, spezielle Editionsprob­leme, Besonderheiten der Beethoven’schen Notation, die Vorgabe durch den Tonumfang von Beethovens Klavier und die daraus resultierenden Konsequenzen dargestellt werden. Im anschließenden sehr ausführlichen Text beider Autoren zur Aufführungspraxis erfährt man wichtige Details u. a. zum Pedalgebrauch, zum Tempo, zur Dynamik, Artikulation, über Akzente und Triller.
Nun schließt sich der eigentliche Notentext an: 13 Seiten für op. 14,1 und 19 Seiten für op. 14,2 – gefolgt von zwei Seiten der Erstausgabe aus dem Jahr 1799, die editorisch zu hinterfragende Passagen belegen. Der abschließende kritische Apparat stellt Abweichungen der Quellen (die Erstausgabe der beiden Sonaten und die Erstausgabe der Bearbeitung für Streichquartett von op. 14,1 aus dem Jahr 1802; das Manuskript ist seit Beethovens Zeit verschollen) für jede einzelne Stelle dar.
Liest und spielt man den Notentext, so besticht das etwas größere Seitenformat, das den Blick angenehm frei strömen lässt. Die übersichtliche Aufteilung des Notentextes (viel Platz bei vielfältiger Information, gedrängter Druck bei gleichförmigen Figuren) fördert ein schnelles Erfassen, der Verzicht auf einen vorgegebenen Fingersatz führt zu Reflexion und Neuorientierung, durchdachte Wendestellen, eine exzellente Druckqualität und die Papierwahl lassen keine Wünsche offen.
Die Bärenreiter-Urtext-Ausgabe ist nicht nur für professionelle MusikerInnen und WissenschaftlerInnen außerordentlich lohnend, sondern bietet auch Lernenden und MusikliebhaberInnen eine Fülle interessanter Informationen.
Maria Zeidler-Kröll