Herrmann, Traudl

Der Geigen-Adventskalender / Der Bratschen-Adventskalender / Der Cello-Adventskalender

24 Weihnachtslieder für 2 Violinen/Violen/Violoncelli in phantasievollen Sätzen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Ponticello Edition, Mainz 2016
erschienen in: üben & musizieren 5/2017 , Seite 57

Die von der Mainzer Cellistin  Traudl Herrmann vorgelegte Sammlung von 24 traditionellen Weihnachtsliedern wollen laut Vorwort einem „echten Bedürfnis nach musikalisch anspruchsvoller Literatur für die Weihnachtszeit“ Rechnung tragen. Die teilweise hübschen Umspielungen der bekannten Melodien bedienen in jedem Fall den Wunsch nach jahreszeitlich passender neuer Spielmusik.
Offensichtlich vom Cello her kon­zipiert, ist es eine gute Idee, die kleinen Arrangements gleich für die beiden anderen Streichinst­rumente – der Kontrabass bleibt dabei unberücksichtigt – nutzbar zu machen. In der Violinausgabe führt dies allerdings dazu, dass die Melodien nahezu ausschließlich auf der A- und E-Saite in einer ausgesprochenen Diskantlage gespielt werden, sodass ein Mitsingen der mit ab­gedruckten Texte unmöglich ist. Dies gelingt allerdings, wenn die Violinspieler im Zusammenspiel mit Cello oder Bratsche eine Quinte tiefer intonieren. Für diese traditionelle „Singlage“ wurden die Lieder offensichtlich arrangiert. Ob dazu gleich die Noten für kleine GeigerInnen, die nicht eine Quinte tiefer transponieren können, neu ausgedruckt werden müssen, ist fraglich. Möglicherweise wäre schon bei der Anlage der Sätze für tiefes Instrument und Violine ein klanglich befriedigenderes Ergebnis erreicht und zum Teil „eng­lagige“ Klangergebnisse vermieden worden.
Es stellt sich dabei durchaus die Frage nach der Zielgruppe. Die Lieder an sich eignen sich sicher für 7- bis 10-jährige Spielerinnen und Spieler, wenn sie die Lieder kennen – was heutzutage leider nicht mehr immer der Fall ist. Die Gegenstimmen stellen allerdings (zum Teil) einen leicht gehobenen Anspruch an die technische Fertigkeit, sodass man auch fragen muss, ob diese dann mit dem musikalischen Anspruch von älteren Schülern noch korrespondieren. Einzelne Stimmen sind dabei nicht unbedingt geigerisch angelegt. So stellt sich bei einigen Begleitungen die Frage der technischen Ausführbarkeit, beispielsweise bei den Trillerfolgen im Lied Lieb Nachtigall wach auf. Auch hier zeigt sich wie an anderen Stellen die Konzeption der Stückchen vom Cello her. Die Geigenversion kommt nicht ohne trillernde vierte Finger und ungünstige Lagenwechsel aus.
Anzumerken ist noch, dass unter „Weihnachtsliedern in phantasievollen Sätzen“ alles subsumiert wird, was jahreszeitlich passt, vom adventlichen oder weihnachtlichen Choral über  das Volkslied und eine Händeladaption bis zum Kinderlied Schneeflöckchen und einer bekannten Weise von Brahms. Ob die kleinen Duos musikalisch ­eine „klare Bereicherung für die Weihnachtszeit“ sind, so das Vorwort, mag jeder für sich selbst entscheiden.
Uwe Gäb