Stock, Martin

Larissas Lied. From the motion picture “Wunderkinder”

für Violoncello und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Ponticello Edition, Mainz 2015
erschienen in: üben & musizieren 1/2016 , Seite 59

Nach wie vor haftet dem Sujet Filmmusik hierzulande ein „Gerüchle“ an: seicht, sentimental, Musik als Mittel zum Zweck, Klänge, die niemanden überfordern und das allgemeine Kitschbedürfnis befriedigen.
All das gibt es natürlich. Nüchtern betrachtet ist die Angelegenheit komplizierter. Zweifels­ohne stellt die Zweckbindung als Untermalung oder gelegentlich auch Kontrastierung einer konkreten Handlung auf der Leinwand, die Überlagerung durch Sprache und Bild unsere in der „E-Musik“ gültige ästhetische Rezeptionstheorie, wonach Erkenntnisgewinn durch größtmögliche Durchdringung und Erfassung musikalischer Strukturen – was nun wieder konzent­riertestes und möglichst ungestörtes Zuhören voraussetzt – erzielt werden soll, komplett auf den Kopf und verursacht nicht nur Adornos Anhängern heftige Bauchschmerzen.
Andererseits ist nicht zu leugnen, dass die Wirkung vieler Filme, angefangen von Chaplin bis zu Harry Potter oder eben auch Wunderkinder, ohne die begleitende Musik nicht vorstellbar ist. Interessanterweise geht man in anderen Ländern pragmatischer, ja hemdsärmeliger mit dieser „Problematik“ um: Korngold (die Thematik seines berühmten Violinkonzerts entstammt übrigens mehreren seiner Filmpartituren), Rózsa, Walton haben ebenso Filmmusik komponiert wie etwa Prokofjew, Schostakowitsch oder Eisler. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Es ist nicht möglich, in diesen Zeilen dem Anspruch der Thematik – eher Stoff für eine ausgewachsene Doktorarbeit – auch nur ansatzweise gerecht zu werden. Zweifellos gibt es jedoch im weiten Feld der Filmmusik neben seichter Gebrauchsware auch Kompositionen gehobeneren ästhetischen Anspruchs, die es verdienen, auch ohne Bild und Sprache gehört und ernst genommen zu werden.
Der Filmkomponist und -produzent Martin Stock, geboren 1961 in Gießen und ausgebildet in Frankfurt am Main, gehört zu den Prominenten der Branche. Neben zahlreichen Film-Soundtracks weist sein Werkverzeichnis auch Musicals, Ballettmusiken und Stücke „absoluter“ Musik auf. Eine seiner bekanntesten Arbeiten dürfte sicher Wunderkinder sein, die anrührende, mit Stars wie Kai Wiesinger, Gudrun Landgrebe, Catherine Flemming und Konstantin Wecker besetzte Geschichte zweier musikalisch hochbegabter jüdischer Kinder zur Zeit des deutschen Einmarschs in der Ukraine im Jahr 1941.
Daraus ist jetzt Larissas Lied in gleich drei Versionen – für Klavier allein sowie für Violine bzw. Cello und Klavier – erschienen, eine schwermütige, ja durchaus sentimentale Melodie. Die Arrangements sind geschickt gemacht und gut klingend, nicht sehr schwer zu spielen und dürften sicher ihre Fans finden. Lehrkräfte von jugendlichen PianistInnen, GeigerInnen und CellistInnen werden die Ausgaben dankbar begrüßen und Larissas Lied neben Schindlers Liste, Piraten der Karibik und manch anderer Filmmelodie den gebührenden Platz im Repertoire einräumen.
Herwig Zack