Winterson, Julia / Paul Harris

Allgemeine Musiklehre

Musiktheorie kurz gefasst

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Faber/Edition Peters, London 2015
erschienen in: üben & musizieren 2/2016 , Seite 45

Die beiden englischen AutorInnen teilen ihre Einführung in die elementare Musiktheorie in zwei Bände auf: Allgemeine Musiklehre und Jazz – Rock – Pop. In den elementaren Sachgebieten Rhythmus, Notation, Intervalle, Tonhöhen, Tonleitern und Akkordlehre sind die Ausführungen klar und knapp, verständlich und sachlich treffend. Gelegentliche kleine Fehler und Ungenauigkeiten mindern den didaktischen Wert nur unwesentlich: Die verminderte Quinte besteht nicht aus drei Ganztonschritten, und enharmonische Unterschiede bei Intervallen werden allzu rigoros als beliebige Notationsvarianten dargestellt.
Sind diese Kapitel als Darstellung der elementaren Musiklehre pädagogisch empfehlenswert, so lassen jene, in denen es um harmonische Zusammenhänge und komplexere Sachverhalte geht, eine ähnlich gründliche, vollständige und solide Darstellung vermissen. Leitereigene Drei­klänge und Septakkorde werden nur noch innerhalb der Dur-Tonleiter dargestellt. Um die Moll-Problematik drücken sich die AutorInnen ein wenig herum: Der wichtige vollverminderte Sept­akkord kommt nicht vor. Die leitereigenen Septakkorde der Dur-Tonleiter werden aufgezählt, aber über ihr Vorkommen in der kompositorischen Praxis wird nichts gesagt.
Mit Befremden liest man Sätze aus der Mottenkiste des Tonsatz­unterrichts, fern jeder stilistischen Realität: „Die Terz wird in einem Dur-Dreiklang nie verdoppelt.“ Die im deutschen Sprachgebrauch verwendeten Begriffe Sext- und Quartsextakkord kommen nicht vor; die entsprechenden Akkordformen werden ungenau mit dem Umkehrungsbegriff beschrieben.
Die streckenweise lückenhafte Darstellung ist der Preis für die imposante inhaltliche Breite: Es folgen Transposition und transponierende Instrumente, Instrumentenkunde, Orchester und Ensembles und Chornotation, ­eine kurze elementare Formenlehre als Handreichung für eigene elementare musikalische Gestaltungen, Verzierungen – allerdings ohne historische Bezüge. Den Abschluss bilden Listen mit den Bezeichnungen für Tempo, Dynamik, Artikulation und Formabläufe. Ein kurzer Anhang enthält Tonleitern und eine Liste von Hörbeispielen zu den Themenbereichen des Buchs, ein ­alphabetisches Begriffslexikon und einen Schlagwort-Index.
Der Band hat seine Stärken in der Darstellung elementarer Sachverhalte und in seiner inhaltlichen Breite; für MusikschülerInnen, Musiklehrkräfte und musikalische Amateure kann er also in gewissen Grenzen ein geeigneter „ständiger Begleiter“ sein.
Christoph Hempel