Busch, Daniel

… and meet The Flintstones!

Eine Big Band als Aushängeschild der Musikschule

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2015 , Seite 18

Vom Zusammenbruch zum Höhen­flug: Daniel Busch berichtet über Ensemblearbeit am Beispiel der Flintstones Big Band der Musikschule Paul Hindemith Neukölln.

Die Flintstones, munkelt man, seien irgendwann zum Ende der Kreidezeit entstanden, als Noten noch in Stein gemeißelt und Instrumente tonnenschwer waren… Gesicherte Angaben liegen allerdings erst seit Mitte der 1980er Jahre vor, als sich zwanzig MusikerInnen an der Musikschule Berlin-Kreuzberg zur Flintstones Big Band formierten.
Mein Kapitel Flintstones-Geschichte beginnt im Herbst 1996 im Büro des Kreuzberger Musikschulleiters. „Ich werde Sie im Auge behalten!“, sagt er leicht drohend. Ich verstehe seine Äußerung als Herausforderung, die ich gerne annehme. Als frisch gebackener Big-Band-Leiter ändere ich als erste Amtshandlung risikofreudig den über Jahre fest etablierten Probentag von donnerstags auf montags, weil mir das als freischaffender, oft in Theatern spielender Musiker einfach besser passt. Und zack: Die Band bricht erstmal zusammen. Den einen passt meine Nase nicht, für die anderen ist es tatsächlich der falsche Wochentag. Zum Argwohn des Musikschul-Chefs wird es Wochen und Monate dauern, eine neue, halbwegs spielfähige Big Band zusammenzubekommen.

Familie Feuerstein

Michael, Marenka und Peter bleiben. Chris­tian, Katharina und Steffen kommen mit mir neu dazu und begleiten mich ebenfalls von Anfang an auf meiner inzwischen 19 Jahre andauernden Flintstones-Abenteuerreise, auch als ich Musikschulleiter werde und 2008 die komplette Band mit nach Neukölln nehme.
Familie Feuerstein ist eine wilde Mischung aus bigband-begeisterten Menschen. Der Jüngste kam mit 16 zur Band, der Älteste hat mit 60 aufgehört, seine Lebensjahre zu zählen. Es sind Studierende, Ärztinnen und Lebenskünstler, Rechtsanwälte, Profimusikerinnen und Arbeitssuchende, die sich für das anspruchsvolle Musikschulensemble interessieren und ihr musikalisches Können einbringen möchten – so bunt wie Berlin, so vielfältig wie die Musik, die sie spielen. Eine immer dynamische Gruppe: Der eine kommt, die nächste bleibt. Mal sind’s zu viele Trompeter, mal wird ein Pianist gesucht.
Oder es sind „StuVos“. Zum Beispiel der Bassist Sidney. Er gehört genau zu den jungen Berliner Musikern, die sich zum Missfallen von Wilmersdorfer Witwen mit ihren voluminösen Instrumentenbehältnissen in die volle Berliner U-Bahn quetschen und dann auch noch die Sicht auf die Fernsehbildschirme versperren. Sidney hat inzwischen – zu Recht – einen der heiß begehrten Studienplätze am Jazz-Institut Berlin bekommen und studiert im zweiten Semester Kontrabass. Wie zuvor schon Clara, Cathleen, Moritz, Fritz und viele andere junge Jazztalente war auch Sidney als Schüler in der Studienvorbereitenden Ausbildung an einer der Berliner Musikschulen ein gutes Jahr Flintstones-Mitglied, hat trainiert, in großer Jazzformation zu spielen, und ausgiebige Auftrittserfahrung gesammelt. Nicht nur die NachwuchsmusikerInnen selbst, sondern natürlich auch die Flintstones profitieren von der hohen Musikalität der „StuVos“. Die gemeinsame Begeisterung für Big-Band-Jazz ist gewinnbringend für alle.

Das Repertoire

Ausprobieren, einfach mal machen: Auf der Aufnahme des Titels, den ich für die Flintstones arrangiere, erklingen zwei Bouzoukis. Das sind nun so gar keine klassischen Big-Band-Instrumente. Ich setze die in Terzen geschriebene Melodie in die erste und zweite Trompete und lasse ein paar Posaunen und Saxofone mit Nachschlägen begleiten. Der Rest der Band übt dazu passende Tanzschritte ein. Zorba’s Sirtaki für Big Band wird auf unserer zweiten Griechenlandtournee zum vollen Erfolg.
Ausprobieren, einfach mal machen: ein wunderbares Motto, um über Jahre ein einmaliges, abwechslungsreiches und dennoch musikalisch hochkarätiges Repertoire zusammenzutragen. Es sind zunächst – dem Bandnamen getreu – bekannte Melodien aus Film und Fernsehen, die das Publikum auf Musikschulveranstaltungen, Privatfeiern und in kleinen Berliner Clubs begeistern. Fast alles wird selbst arrangiert und zu einem durchgehenden, dem Anlass entsprechenden Programm gestaltet. Musikalisch wird im Repertoire kein Stil ausgelassen: von rein konzertanten Jazzprogrammen wie den „Hand­made Originals“, die die Werke Berliner Komponisten vorstellen, bis hin zu tanzbarer Partymusik wie dem Programm „Neukölln Crossover“, unsere eigene Kiezmusik zwischen Mambo und Rütli-Rap. Die Abwechslung macht’s: Immer wieder neue Programmpakete garantieren beste Vielfalt. Die Flintstones sind dadurch für jede Überraschung zu haben – und die Fans freut’s!

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2015.