Leber, Mathias "Maze"

Modern Pop Piano

Songs – Styles – Improvisation, mit MP3-CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2015
erschienen in: üben & musizieren 6/2015 , Seite 54

Ein Praktiker hat diese Schule geschrieben: Mathias Leber arbeitet als Studio- und Live-Keyboarder u. a. mit Xavier Naidoo, Edo Zanki und Rebekka Bakken, pädagogisch wirkt er an der Popakademie Baden-Württemberg. In Modern Pop Piano resümiert er seinen Ansatz und seine Methodik. Ausgangspunkt sind stets Popsongs, nicht Musiktheorie oder Übungen. Sie bilden den Fokus der elf Kapitel. Neben Klassikern wie Imagine und Your Song gibt es Hits jüngerer Zeit z. B. von Coldplay oder Adele, zusätzlich eigene Stücke von Leber. Diese liegen in mehrfacher Ausführung auf der MP3-CD bei: als nachgespielte Originalsongs, in Piano-Solo-Versionen, als Playbacks (stereo oder mit Kanaltrennung) sowie in diversen Schlagzeug-Spuren.
Die Gestaltung der CD korrespondiert mit methodischen Vorgaben. Empfohlen wird, die Stücke erst zu hören, dann mitzuspielen, abschließend auswendig zu realisieren. Es werden auch langsame und schnellere Versionen angeboten, sehr sinnvoll ist der Tipp, sich selbst aufzunehmen. Aus den Songs entwickelt der Autor Übungen, die sowohl das Spiel des jeweiligen Songs unterstützen als auch darüber hinausgehend technische und theoretische Grundlagen darstellen, die weiterführend auf andere Songs übertragen werden und zu selbstständigem Spiel anregen können. Die Kapitel widmen sich Klaviersatztypen (z. B. Pendel), Rhythmischem (Viertel-Akkord-Groove), Harmonischem (Modal Interchange), Melodischem (Licks) und der Improvisation, Letztere eher vermittelt als Variationen innerhalb eines Songkontexts.
Die recht ausführlichen Erläuterungen sind meist klar gehalten, sie wirken der Unterrichtspraxis entsprungen. Unausgesprochen vorausgesetzt werden sicheres Notenlesen, mehrjähriger Unterricht am Tasteninstrument und Kenntnisse in Harmonielehre. Adressaten sind Studierende und fortgeschrittenere MusikschülerInnen jeden Alters.
Minimale Mängel (z. B. enthält Imagine keine Bridge, bei zwei Songs fehlen Akkordsymbole) schmälern nicht die Stärken dieser Schule. Auch wenn die Ausführung und Funktion des Klavierparts erklärtermaßen den Fokus bilden soll, ist es jedoch ein größeres Manko, dass die Notentranskriptionen der Songs keine Gesangslinie und Lyrics enthalten. Funk-Rhythmen kommen etwas kurz, auch Blues wird vernachlässigt, möglicherweise, weil er im modernen Pop keine wichtige Rolle mehr spielt.
Lebers Piano-Schule zeichnet sich durch zwei große Vorzüge aus: Sie setzt zum einen unmittelbar an Songs an und holt damit die Studierenden bei ihrem zentralen Bedürfnis ab, nämlich diese zu spielen, und sie enthält zum anderen eine große Anzahl übepraktischer Tipps, die zum erfolgreichen Spiel führen können. Hierzu zählen u. a. unterschiedliche Tempi, Zerlegen von Rhythmus-Patterns, Kombinieren von Voicings, Standardisierung von Fingersätzen. Das möglicherweise vermisste weitere Rüstzeug lässt sich an anderer Stelle finden, hier geht es ums Spiel, hier geht es um Praxis!
Christian Kuntze-Krakau