Hoder, Katja
Die prima Gitarrenschule
Im Vorwort von Katja Hoders Schulwerk heißt es: „Die ,prima‘ Gitarrenschule ist ein modernes Werk für Schüler ab ca. 7 Jahren.“ Besonders modern ist der Ansatz der in Weimar ausgebildeten Gitarristin aber nicht, sondern orientiert sich am Aufbau diverser klassischer Gitarrenschulen von Heinz Teuchert bis Cees Hartog. Nach ersten Übungen mit Leersaiten folgen einfache Melodien in der ersten Lage. Diese bestehen überwiegend aus Volks- und Kinderliedern, die man bereits in den 1950er Jahren verwendet hat. Hat der Schüler alle Noten in C-Dur in der ersten Lage gelernt, folgt das zweistimmige Spiel: zuerst mit Leersaiten als Basston, dann mit gegriffenen Tönen.
Zu den Volks- und Kinderliedern gesellen sich nun vermehrt klassische Stücke und amerikanische Folklore wie Tom Dooley. Am Ende findet man eine Übersicht über die gängigen offenen Akkorde und diverse Anschlagsmuster, um sie zur Liedbegleitung einzusetzen.
Vom pädagogischen Aufbau gibt es nichts einzuwenden gegen den Ansatz von Katja Hoder. Genau wie bei den Vorbildern Teuchert und Hartog steigert sich der Schwierigkeitsgrad langsam. Der Schüler lernt nach und nach neue Töne und Techniken, die dann in Stücken angewendet werden. Am Ende des Lehrgangs ist man in der Lage, einfache Melodien und simple zweistimmige Stücke zu spielen, und beherrscht grundlegende Techniken der klassischen Gitarre vom angelegten Wechselschlag bis zur Akkordzerlegung.
Ob sich heutige Jugendliche allerdings von der Songauswahl und der recht nüchternen grafischen Gestaltung angesprochen fühlen, wage ich zu bezweifeln. Moderne Unterrichtstechniken wie eine Playalong-CD, Tabulaturschreibweise oder Akkordbegleitungen zu den Kinderliedern fehlen völlig. Auch Melodien aus Rock/Pop oder Musicalsongs glänzen mit Abwesenheit. Um diesen stilistischen Ansatz mit der Hörerfahrung von Kindern zusammenzubringen, bedarf es schon einer eher abstrakten Begeisterung für das Gitarrespielen im Allgemeinen.
Selbst die Eltern heutiger 8-Jähriger dürften Stücke wie Schlaf Kindlein Schlaf oder Es tanzt ein Bi Ba Butzemann als antiquiert empfinden und gerade das Akkordspiel kann an spannenderen Songs als Mein Hut der hat drei Ecken geübt werden. In Hoders Musikwelt wird die komplette Pop- und Rockmusik ausgeblendet. Das mag mit sehr kleinen Kindern bis zum Alter von acht Jahren funktionieren, dürfte aber besonders bei Teenagern schnell Langeweile hervorrufen.
Die prima Gitarrenschule ist kein pädagogisch schlecht aufgebautes Unterrichtswerk, hinterlässt aber einen leicht angestaubten Eindruck, was die Songauswahl und grafische Präsentation angeht, und dürfte somit nur für sehr klassisch orientierte Eltern und Schüler interessant sein.
Martin Schmidt