Vogt-Kluge, Irene

Den „Spuren“ folgen

Annäherungen an die Notenschrift

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 28

Unsere Notenschrift ist ein abstraktes Zeichensystem, das für Vorschul­kinder in der Regel noch nicht verständlich ist. Ein zu frühes Training des Notenlesens verschwendet wertvolle Unterrichtszeit und verdirbt die Freude am Spiel. Aber auch bei älteren Kindern ist es sinnvoll, dem Musizieren ohne Schrift genügend Raum und Zeit zu geben.

Die Mutter eines Schülers, selbst Pianistin, erzählte mir, dass sie die ersten Jahre ihres eigenen Klavierunterrichts als Kind mit sehr schlechtem Gewissen verbrachte. Der Lehrer erklärte der damals Siebenjährigen die Notenschrift und unterrichtete sie fortan im Glauben, sie könne die Noten lesen. In Wirklichkeit aber blieben die schwarzen Zeichen auf dem Papier noch lange Zeit ein großes Rätsel für das Mädchen. Mit Hilfe seines guten Gehörs und Gedächtnisses jedoch gelang es ihm, dieses Manko zu verbergen. Der Lehrer erfuhr nie von seinem Irrtum.
Nicht alle unsere SchülerInnen sind so geschickt darin, ihre Schwierigkeiten beim Notenlernen zu verbergen. Meistens treten diese offen zutage und haben schon so manche Instrumentallehrkraft zur Verzweiflung gebracht. Oft sind es sogar gerade die Kinder mit besonders gutem Gehör, die sich mit dem Lesen-Lernen Zeit lassen. Verschärft wird diese Problematik heute durch den zunehmend frühen Beginn des Instrumental­unterrichts schon mit vier oder fünf Jahren.
So wie jeder Mensch zunächst sprechen lernt und erst später auch schreiben und lesen, so sollte auch beim Musizieren das „Sprechen“ und Hören am Anfang stehen. Bezüge zur bildhaft-grafischen Ebene kann es dennoch geben. Im Folgenden sollen einige Wege zur Einführung der Notenschrift vorgestellt werden, die ihre anschaulichen Aspekte aufgreifen und so das Lernen mit sinnlichen Erfahrungen verknüpfen.

Klänge und Bilder

Je jünger unsere Schülerinnen und Schüler sind, desto elementarer sollten wir beginnen und desto kleinstufiger müssen die Lernschritte sein. Der Weg geht vom Konkreten zum Abstrakten, hin zu immer feinerer Differenzierung der Wahrnehmung und der Gestaltung. Besonders für Vorschulkinder sollte die erste Form von „Schrift“ konkretes Bildmaterial sein, das in Beziehung zu musikalischen Elementen steht.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2014.