Krönig, Franz Kasper

Populäre Musik in der kulturellen Bildung

Gedanken, Wege und Projekte zu einer inklusiven Musikpäda­gogik und didaktischen Öffnung, hg. von der Offenen Jazz Haus Schule Köln

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Athena, Oberhausen 2013
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 50

Teilt sich musikpädagogische Literatur nur zu oft in musikdidaktische Theoriewerke auf der einen und Darstellung ­eigener praktischer Unterrichts­erfahrungen auf der anderen Seite, so stellt die Verbindung von Theorie und Praxis in einem Band das Besondere dieses Buchs dar. Es ist der Biografie des Autors geschuldet, der sowohl an Hochschulen lehrt als auch als Songwriter und Rockmusiker arbeitet.
Krönigs Buch ist eigentlich dreiteilig, anfänglichen didaktischen Reflexionen schließt sich Methodisches an, zuletzt erfolgt eine Beschreibung konkreter Projekte. Wird Popmusik zunächst als nur eine Möglichkeit einer inklusiven Musikpädagogik gesehen, unter der maximale Partizipation einschließlich methodisch-individualisierter Differenzierung verstanden wird, so stellt Krönig diese am Ende doch als spezifisch und nicht transferierbar (z. B. auf den „klassischen“ Bereich) dar. Gerade die non-formale musikalische Sozialisation mit ihrer Präferenz der populären Musik fördert die Geschmacksbildung und den Nachahmungswunsch als Voraussetzungen für angestrebte musikalisch-praktische Prozesse.
Der Autor hat vornehmlich mit „bildungsfernen“ Kindern und Jugendlichen in Grund- und Förderschulen zu tun. Eine Übertragbarkeit auf andere Schulformen (z. B. auf Sekundarschulen oder Gymnasien) scheint eingeschränkt möglich. Traditioneller Unterricht wird insbesondere mit Verweis auf Luhmanns These, dieser sei unterfordernd, da die in ihm gestellten Fragen bereits beantwortet seien, stark kritisiert, um einem Konzept des offenen Unterrichts Platz zu machen.
Zweifellos kommen kreative Prozesse an staatlichen Schulen zu kurz, auch bedingt durch behindernde organisatorische und räumliche Rahmenbedingungen. Wie diese überwunden werden können, zeigt Krönig am Beispiel einer gruppenteiligen Songwriting-Projektarbeit mit Grundschulklassen. Bei der Realisa­tion von Band-Arrangements plädiert er zwar für große Offenheit, kennt aber auch zentriert-gelenkte Phasen insbesondere in der Anfangszeit beim Erlernen fundamentaler Techniken eines Instruments.
Krönigs theoretischer Teil ist weit gefasst, er formuliert einen allgemeinen Anspruch auf kulturelle Bildung. Er diskutiert einige zentrale Begriffe, die er zum Teil ihrer Verwendung in der Soziologie oder Psychologie gegenüberstellt, in jedem Fall auf ihre Wirksamkeit bezüglich des vorgestellten Ansatzes überprüft. Hier erwartet den Leser eine trockene, wissenschaftliche, zum Teil umständliche Sprache. Die Verbindung zum praktischen Teil ist überwiegend gegeben, Letzterer ist durch seine Anschauung für viele in der musikalisch-kulturellen Bildung Tätigen gewinnbringend. Einige Unkorrektheiten oder fragwürdige Gegenüberstel­lungen (z. B. Spiel und Improvisation) fallen kaum ins Gewicht.
Christian Kuntze-Krakau