Weiss, Jean Gaspard

Autobiographie

Lebens- und Reisebericht eines Musikers aus dem 18. Jahrhundert, hg. von Tobias Bonz und Eliane Michelon in Zusammenarbeit mit den Archives de Mulhouse und Antichi Strumenti

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: ortus musikverlag, Beeskow 2012
erschienen in: üben & musizieren 6/2013 , Seite 54

Hotteterre, Buffardin, Quantz oder Blavet gehören zu den bekannten Flötisten des 18. Jahrhunderts. Man kennt sie ihrer Kompositionen oder Schulwerke wegen. Ihr Wirkungskreis waren kunstsinnige europäische Fürstenhöfe. Seit der verdienstvollen Studie über den „Lebens- und Reisebericht eines Musiker aus dem 18. Jahrhundert“, vorgelegt im ortus musikverlag von Tobias Bonz und Eliane Michelon, erfährt man von einem weiteren, aus dem Elsass stammenden gewichtigen Flötisten der Nach-Quantz-Generation: Jean Gaspard Weiss, dessen Kunstreisen nicht weniger raumgreifend als die von Quantz waren.
Aufgrund seiner künstlerischen Wurzeln – gleichermaßen französisch, italienisch und deutsch – traf er in seiner empfindsamen Spiel- und Schreibweise den Geschmack seiner Zeit und den seines Freundes Grétry. Nach der Meinung von Christian Friedrich Daniel Schubart gehört Weiss jedoch zu jenem Kreis „deutscher Virtuosen, die exilieren mussten, wenn sie Brod haben“ wollten.
Seine Ausbildung zum komponierenden Flötisten, die teilweise autodidaktisch erfolgte, war derart erfolgreich, dass er sich dem Mannheimer Hof-Flötisten Wendling bald überlegen fühlte. Weiss war Teil eines europäischen Netzwerks von Musikern, Musikliebhabern und Mäzenen, die seine Fähigkeiten so hoch einschätzten, dass er 28-jährig nach London gehen und bei den Bach-Abel-Konzerten als freier Musiker mitwirken oder sich als Lehrer einen Namen machen konnte. Im Gegensatz zu seinen oben genannten Kollegen vom Festland führte er eine bürger­liche und dabei finanziell einträgliche Existenz als Solist und Pädagoge.
Die beiden HerausgeberInnen der Studie leisteten hervorragende Arbeit: Man wird hinsichtlich des geistigen und gesellschaftlichen Umfelds sowie des künstlerischen Werdegangs des Flötisten Weiss auf den neuesten Stand der Forschung gebracht. Beide AutorInnen stützen ihre Aussagen auf gut recherchiertes Quellenmaterial, das zu weiteren Forschungen anregt.
In diesem zweisprachigen und attraktiv gestalteten Büchlein gerät mit Weiss ein wichtiger Flötist aus der Zeitspanne zwischen Quantz und Fürstenau in den Brennpunkt des Interesses.
Eckart Haupt