Kölz, Sabine & Hans-Günther

Akkordeon spielen – mein schönstes Hobby

Die moderne Akkordeonschule für Jugendliche und Erwachsene, Band 1, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2013
erschienen in: üben & musizieren 6/2013 , Seite 57

Die vorliegende Akkordeonschule ist quasi makellos bezüglich sekundärer Faktoren: Außer wenigen Versetzungen der Akkordangaben gegenüber der Notensenkrechten und den Längenunterschieden zwischen digitalen und natürlichen (Akkordeon-) Tönen bei Satzschlüssen auf der CD ist der spiralgeheftete, 136-seitige Band übersichtlich und konsequent in der Abschnittskennzeichnung, im Notendruck und den Verweisen auf die beigelegte CD. Die Crux dieser Schule liegt in zwei anderen Bereichen: Der Titel der Schule ist unzutreffend und das methodische Vorgehen orientiert sich anstatt an der Spielmotorik am Musiktheoretischen, an der Musiklehre.
Ehrlicherweise wäre dieses Schulwerk – wenigstens im Untertitel – als „Akkordeonschule für Popularmusik“ zu bezeichnen. Man mag fragen, warum diese dem Inhalt entsprechende Bezeichnung vermieden wurde. Es könnte daran liegen, dass „Akkordeon spielen“ und „modern“ außer Popularmusik alles andere ausschließt, als ob dies nicht „schönstes Hobby“ sein könnte; dies wäre überheblich, denn die Verfasser müssten es besser wissen. In jedem Fall täuscht der Titel den Benutzer. Eine „moderne Violinschule“ kann sich auch nicht auf die „Nachschlaggeige“ konzentrieren.
Wenn man ein Instrument gut spielen können will, so muss man sich auf ihm gut und richtig bewegen. Die Bewegung ist der klang- und musikauslösende Vorgang. Deshalb müssen die Bewegungsabläufe im Zent­rum des inhaltlichen Fortgangs eines Schulwerks stehen, und dies für Kinder und für Ältere gleichermaßen. Solche Art Progressivität ist sicherlich schwierig zu gestalten. Dafür reicht z. B. der oberflächliche Hinweis nicht, dass der „Sprung vom d-Moll-Akkord zum F-Dur-Akkord trainiert“ werden sollte, bevor der Versuch mit beiden Händen gestartet wird.
In Level 10 (von insgesamt 11) werden Staccato und Legato gemeinsam behandelt, obwohl diese fundamental unterschiedliche Bewegungsabläufe erfordern, und nachfolgend, als sei es mit der Theorie getan, werden sie munter im Notenbild paarweise vorgeschrieben. Ebenso werden Piano, Mezzoforte und Forte in einem Aufwasch in Level 7 vorgenommen. Die Unterschiedlichkeit der Balgintensität kann so spät nur schwer zu speziellen Gewöhnungen gebracht werden. Tonbildung mit dem Balg fehlt ganz, obwohl die CD sie vorbildlich demonstriert. Achtelnote und -pause werden zwar theoretisch eingeführt, in den nachfolgenden vier Einheiten jedoch wird keine einzige Achtelpause geübt.
Nach Einführung des Einzelbassspiels wird links (keyboard-like) bis zum Ende ins Stereotype getaucht. Hier wäre Polyfonie zu entwickeln und auch Klanglichkeit im Sinne originaler, künstlerisch orientierter Akkordeonmusik anzustreben; von der Ein­führung ins Manual 3 ganz zu schweigen. Als zusätzliche Spielliteratur-Quelle und zur Musiklehre-Vertiefung ist dieser Band jedoch empfehlenswert.
Maximilian Schnurrer