Hegel, Martin

Duo-Schatzkiste

Originalwerke von der ­Renaissance bis zur Moderne für 2 Gitarren

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2013
erschienen in: üben & musizieren 5/2013 , Seite 59

Eine fast 60-seitige Sammlung von 30 leichten bis mittelschweren Gitarrenduos von Renaissance bis Moderne zu einem sehr günstigen Preis: Welche Gitarrenlehrkraft will da nicht zugreifen? Doch Vorsicht: Was hier als Schatzkiste bezeichnet wird, beinhaltet zwar einige Edelsteine, aber leider versteckt zwischen zu vielen bunt angemalten Glasperlen.
Zunächst zu den Edelsteinen: Aus der Zeit der Renaissance finden wir neben Duos von Francesco da Milano und Francis Pilkington auch die anonyme La Rossignol und Thomas Robinsons A Toy for two lutes. Wunderbare Duos, seit Jahrzehnten im Unterricht bewährt. Aus dieser Epoche hätte man sich mehr Stücke gewünscht, zumal die übrigen Kompositionen dieser Sammlung dagegen kompositorisch deutlich abfallen.
Nach einem anspruchsvollen Canon for two lutes von da Milano geht es direkt mit Joseph Küffner weiter: musikalische Hausmannskost im Dreiviertel-Takt, einfaltslos zusammengesetzt. Auch die übrigen Werke aus dem 19. Jahrhundert, die die Hälfte dieser Notenausgabe ausmachen, sind beim besten Willen nicht als Schätze zu bezeichnen. Ohnehin hat Martin Hegel ein Faible für Ländler und Walzer aus Klassik und Romantik. Diese Vorliebe werden viele GitarrenschülerInnen heute nicht teilen. Zu viele dieser Stücke verkörpern ein musikalisches Idiom, das Assoziationen an bayerisch-österreichische Volksmusik hervorruft. Jungen GitarristInnen das als Schätze aus der „Blütezeit der Gitarre“ anzubieten, wie es im Vorwort steht, schreckt vor einer weiteren Beschäftigung mit Musik des 19. Jahrhunderts ab. Dabei gibt es in dieser Zeit ausreichend Literatur, abseits von Ländlern und Walzern, die Spielfreude fördern und im Unterricht gut einzusetzen sind.
Auch die Auswahl an Werken des 20. Jahrhunderts schreckt eher ab als Interesse zu wecken. Hier greift Hegel auf frühere Schott-Ausgaben zurück. Während die Duos von Olivier Mayran de Chamisso von 2010 ganz gefällig sind, handelt es sich bei Werken von Gerhard Maasz, Friedrich Zehm und Fritz Pilsl um spröde klingende Stücke aus dem Zeitraum 1973 bis 1983, die schon damals zu Recht ihren Weg nicht in den Unterricht fanden und nun recycled werden sollen.
Dabei können solche epochenübergreifenden Sammlungen reizvoll zusammengestellt werden, wenn man sich ein wenig auch auf die Hörerwartungen der heutigen GitarrenschülerInnen einlässt und einen bunten Mix aus klassischer Musik, Pop, World Music, vor allem aus Lateinamerika, und auch ansprechender Neuer Musik zusammenstellt. Damit wäre eine Schatzkiste leicht zu füllen.
Jörg Jewanski