Bach – Händel – Scarlatti

Leichte Klavierstücke mit Übetipps, ausgewählt und kommentiert von Nils Franke

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Wiener Urtext, Wien/Mainz 2012
erschienen in: üben & musizieren 3/2013 , Seite 61

Drei Komponisten, geboren im selben Jahr, mit leichteren Klavierstücken gemeinsam in einer Ausgabe: Nichts scheint unter musikalischen, pädagogischen oder musikhistorischen Gesichtspunkten nahe liegender zu sein, und doch gibt es wohl nichts Vergleichbares, vor allem in Kombination mit den vorliegenden sinn- und wertvollen Kommentaren zu den einzelnen Komponisten und den sich anschließenden Spiel- und Übe­tipps. So findet sich für die Ausführung Wesentliches und Wissenswertes zu den Instrumenten der Bach-Zeit, den Satztypen, zum Tempo und Anschlag, zur Artikulation und Dynamik, zu den Verzierungen und Möglichkeiten zu improvisatorischen Auszierungen von Harmonien oder zum zusätzlichen Einsatz von Durchgangsnoten.
Hinsichtlich dieser Aspekte dürften vergleichende Betrachtungen der unterschiedlichen Kompositionsstile von besonderem Interesse sein. Konkrete Anregungen hierzu finden sich etwa bei den Erklärungen zu Satz- und Werktypen (Stücke mit Einleitungscharakter, Tanzsätze, Inventionen und Sonaten) und der hiermit eng verbundenen Wahl des Tempos, der Artikulation, Dynamik und Verzierungen. Zu den angekündigten Übetipps ist festzuhalten, dass sie sich auf einige wenige, wenn auch anregende und wichtige Aspekte beschränken. Dies gilt beispielsweise für die Wahl des Fingersatzes, der bei den genannten Vorschlägen die Artikulation zusätzlich unterstützt und gleichzeitig auch die mentale Strukturierung fördert.
So wird auch zu unkonventionellen Lösungen ermuntert und auf Carl Philipp Emanuel Bachs Feststellung hingewiesen, dass wir eventuell „andere als die gewöhnlichen Finger nehmen müssen“, um einerseits den Lernprozess für musikalische Zusammenhänge zu unterstützen und andererseits diese im Vortrag noch deutlicher hervorheben zu können.
Ziel und Zweck dieser neuen Urtext-Primo-Reihe ist die Bereitstellung von überwiegend gut bekannten und verbreiteten Repertoirestücken aus einer Epoche, die in leicht ansteigendem Schwierigkeitsgrad in die Kategorien A, B und C eingeteilt sind. Mit den genannten Erläuterungen und Kommentaren vermitteln sie grundlegende musikhistorische, stilistische und pianistische Kenntnisse. Hierbei geht die vorliegende Ausgabe deutlich über die Begleitkommentare in anderen Veröffentlichungen hinaus.
Die bekannten Qualitätsmerkmale der Wiener Urtext Edition – wie beispielsweise authentischer Notentext und gut lesbares Notenbild – werden auch in dem vorliegenden ersten Band der neuen Reihe erfüllt. Im Lauf des Jahres sollen weitere Bände mit Komponisten der Wiener Klassik und der Romantik folgen. Neben Klavierstücken der bekannten Komponisten Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann und Brahms darf man hier gespannt sein auf die Auswahl der Kompositionen von Cimarosa, Hummel und Kirchner, die diese ergänzen.
Romald Fischer