Beethoven, Ludwig van

Grande Sonate pathé­tique in c-Moll op. 13

für Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2012
erschienen in: üben & musizieren 2/2013 , Seite 60

Schon äußerlich ist der hohe wissenschaftliche Anspruch dieser Neuausgabe erkennbar: Von insgesamt 48 Seiten entfallen nur 20 auf den reinen Notentext. Der Rest verteilt sich auf die einleitenden Texte dreier Wissenschaftler, jeweils auf Deutsch und Englisch, zwei Faksimile-Seiten der als einzige Quelle herangezogenen Erstausgabe (1799 bei Hoffmeister, Wien) und den kritischen Bericht des Herausgebers Jonathan del Mar, der bereits die Neuausgabe der neun Sinfonien Beethovens bei Bärenreiter besorgt hat.
In der Einleitung informiert Hartmut Hein über die Entstehung des Werks, erhellt ästhetische Hintergründe und diskutiert die Formanlage. Für PianistInnen besonders bedeutsam sind die Hinweise zur Aufführungspraxis von Mario Aschauer, der als Musiker und Wissenschaftler (Verfasser des Handbuchs Clavierschulen, ebenfalls bei Bärenreiter) bestens mit der Materie vertraut ist. Nimmt man seine Hinweise ernst, so müsste ein durch­sichtiges, mehr an den ästhetischen Prinzipien Carl Philipp Emanuel Bachs als an romantischer Klaviertradition orientiertes Klangbild entstehen. Kurze Vorschläge sollen den zeitgenössischen Lehrwerken zufolge „auf Schlag“ gespielt werden, wobei der Akzent auf der Hauptnote bleibt. So wird die Artikulation sprechend und die Vorschlagsnote erscheint mehr in die Melodie einbezogen, als wenn sie vor dem Schlag gespielt würde.
Interessant sind auch die von Aschauer mitgeteilten Metronomangaben von Czerny und Moscheles, die beim Adagio für das Viertel zwischen 54 und 60 liegen. Wenn diese Zahlen auch nicht auf Beethoven zurückgehen, so sind sie dennoch ein starkes Argument gegen das häufig zu hörende sehr langsame Tempo bei diesem Satz.
Unbedingt lesenswert ist das Vorwort des Herausgebers, das Aufschluss über seine editorischen Prinzipien gibt. So verwendet del Mar für den kurzen Vorschlag niemals durchgestrichene Achtel, sondern einheitlich kleingedruckte Sechzehntel. Staccati werden stets als Striche wiedergegeben; Punkte erscheinen nur unter Portato-Bögen. Obwohl die Erstausgabe (wie aus dem bereits erwähnten Faksimile ersichtlich ist) beim Staccato zwischen Punkten und Strichen durchaus unterscheidet, erscheint del Mars Argumenta­tion für eine einheitliche Schreib­weise plausibel.
Das Notenbild ist sehr klar und ästhetisch ansprechend. In bewährter Bärenreiter-Tradition wird auf Fingersätze verzichtet. Das hochwertige Papier und der schöne Einband tragen ebenfalls dazu bei, dass man die Ausgabe gern in die Hand nimmt.
Sigrid Naumann