Rosin, Sylvia Corinna

Hellas!

Volkslieder und -tänze aus Griechenland für Sopran- und Alt- oder Tenor-Blockflöte

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2012
erschienen in: üben & musizieren 2/2013 , Seite 62

Schuldenschnitt, Staatspleite, Euroaustritt: Diese Assoziationskette dürfte sich momentan auch jüngeren BlockflötenschülerInnen aufdrängen, wenn sie den Namen Griechenland hören. Von griechischen Schätzen – wenn auch nicht finanzieller, sondern kultureller Art – erfahren sie dagegen in diesem Band, der 31 Volkslieder und -tänze aus allen Teilen des Landes vorstellt: von Syrtos über Syrtos Kalamatianos, Tsamikos und Pentozali bis zu Kotsari und Omal.
Als Vorlage für diese Sammlung diente ein vor Jahrzehnten in Thessaloniki erschienener Band von Tänzen und Liedern Griechenlands, aus dem hier die schönsten Melodien übernommen und mit einer zweiten Stimme versehen wurden. Die obere Stimme ist für Sopranblockflöte notiert, wobei die meisten Nummern ebensogut mit Tenor-, teils auch mit Altflöte gespielt werden können. Die untere Stimme eignet sich für Alt- oder Tenorblockflöte, wäre aber – entsprechend oktaviert – auch mit der Bassblockflöte realisierbar.
In der oberen Stimme liegt die Melodie, während der zweiten mit oft ostinaten Figuren eher die harmonische und rhythmische Fundierung obliegt. So finden sich hier vielfach stetig ­wiederholte Oktav- oder Quintsprünge, was zwar weniger horizontale Gestaltung erfordert, aber blastechnisch doch ungemein übt! Da die meisten Stücke aus mehreren Abschnitten bestehen, bieten sie sich – dann mit eingebauten Wechseln zwischen Tutti- und Solo-Teilen – durchaus auch für das Musizieren in der Gruppe an. Dazu stehen über den Systemen auch Akkordsymbole für Gitarre oder Klavier.
Vom Schwierigkeitsgrad her sind die Tänze und Lieder zwar nicht für absolute Anfänger geeignet, da sie beispielsweise von vorneherein über eine Oktave hinausgehen, auch Vorzeichen (maximal zwei) und die Kenntnis von grundlegenden Artikulations- und Phrasierungszeichen verlangen; doch sind viele der Stücke bereits nach kurzer Lernzeit gut spielbar. Etwas fortgeschrittenere FlötistInnen werden jedoch bei den virtuoseren Stücken gleichfalls noch auf ihre Kosten kommen. Auch die oft ungewöhnlichen Taktarten (u. a. 5/4 oder 7/4) fordern zumindest zu Beginn der Beschäftigung mit den Tänzen Konzentration.
Tempoangaben sind den Stücken nicht vorangestellt, aber im Anhang findet man sowohl Inhaltsangaben der Lieder (die freilich ohne Texte abgedruckt sind) als auch Beschreibungen der Tänze, ihrer Herkunft und Bestimmung, aus denen sich – so nicht aus der Musik – Tempi und Charakter ersehen lassen. Die meisten Nummern bestehen dabei nur aus zwei oder drei Zeilen, doch gibt es vereinzelt auch einmal zweiseitige Stücke.
Harmonisch muss man keine wild-orientalischen Klänge fürchten: Wohl tauchen auch pentatonische oder orientalische Tonleitern auf, aber die meisten Tänze bewegen sich in Dur-Moll-Harmonik. Fazit: ein schönes und vielseitiges Heft für Unterricht und gemeinsames Musizieren.
Andrea Braun