Süberkrüb, Almuth / Jeanne Kompare-Zecher

Cantabile e Mobile

Musik erleben von Anfang an, Heft 1: Geburt bis 18 Monate

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Eigenverlag, 2010
erschienen in: üben & musizieren 4/2012 , Seite 56

Cantabile e Mobile folgt Theorie und Konzept des Amerikaners Edwin E. Gordon zum frühkind­lichen Musiklernen. Almuth Süberkrüb hat bereits 1999 als Erste die „Music Learning Theory“ Gordons der deutschen Musikpädagogik durch einen Artikel zugänglich gemacht.
Maria Seeliger hat dann in ihrem Klassiker Das Musikschiff den ­didaktischen Boden für den Einbezug Gordon’scher Ideen in Eltern-Kind-Gruppen bereitet; unverständlicherweise gehen die beiden Autorinnen auf dieses Standardwerk nicht ein. Süberkrüb und Kompare-Zecher bemühen sich mit ihrer Veröffent­lichung um eine ganz spezifische musikalische Förderung von Eltern und Kleinkindern. Der Anspruch, dieses Konzept in die Praxis der Eltern-Kind-Arbeit umzusetzen, ist sehr hoch und nur von studierten MusikpädagogInnen mit einer einschlägigen Zusatzausbildung erfüllbar.
Das Heft bietet eine Einleitung, in der die wissenschaftlichen Hintergründe knapp erläutert werden, wobei neben Gordon auch die Neurobiologen Joachim Bauer und Gerald Hüther zitiert werden. Allerdings sind die Schlüsse, die die Autorinnen für die Praxis daraus ziehen, teilweise in Frage zu stellen. Zum Beispiel widersprechen der Aufforderung: „So sollten in diesem frühen Lernstadium Lieder in verschiedenen Stunden immer auf der gleichen Tonhöhe begonnen und Sprechgesänge in gleichem Tempo angestimmt werden“ andere erprobte didaktische Ansätze wie etwa die Relative Solmisation nach Kodály. Solche Kollisionen diskutieren die Autorinnen aber nicht.
Im zweiten Teil werden die Unterrichtselemente nach Gordon beschrieben, wobei es vor allem um die Arbeit mit rhythmischen und melodischen Patterns geht, die in engem Bezug auf die Lieder der jeweiligen Stundeneinheit zu sehen ist. Ziele des ganzen Kurses sind „die schrittweise Förderung der Bewegungskompetenz und der Stimmentwicklung“. Es wird darauf hingewiesen, dass Lehrende eigene Inhalte und Materialien einbringen können und sollen, dabei aber die „große, schrittweise auf­gebaute Entwicklungslinie“ nicht aus dem Blick geraten darf.
Der dritte Teil beschreibt sieben thematische Einheiten, wobei „im Fluss sein“ in vielen Varianten der Ausgangspunkt ist für die 13 Unterrichtsbilder, in denen neben Spielvorschlägen ausführlich die Lernerfahrungen von Kindern und Eltern dargestellt werden.
Cantabile e Mobile ist ein musikalisches Lernprogramm für Eltern und Babys (von der Geburt bis 18 Monate), von dessen Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit Pädagoginnen und Pädagogen vollständig überzeugt sein müssen, um es ihrem Klientel so richtig schmackhaft machen zu können. Die Autorinnen verstehen es, ihre eigenen Überzeugungen glaubhaft zu vermitteln; ob man sich diesem Ansatz in der Praxis mit Eltern-Kind-Gruppen anschließen möchte und kann, bleibt eine individuelle Entscheidung.
Manuela Widmer