Thoma, Xaver Paul

Kinderlieder aus Japan

Alte und neue Lieder aus Japan in freier Bearbeitung für zwei Violinen op. 160, Heft 1, Spiel-Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Ikuro, Stuttgart 2011
erschienen in: üben & musizieren 4/2012 , Seite 64

Wer japanische Kinder Hänschen klein pfeifen hört, braucht sich nicht zu wundern. In Japan gehören deutsche Volkslieder zum allgemeinen Liedgut. Japanische Melodien hingegen tönen hierzulande wohl eher selten aus Musizierzimmern. Das kann sich nun ändern. Der Ikuro-Verlag legt mit seiner Neuerscheinung Kinderlieder aus Japan eine Sammlung alter und neuer japanischer Lieder vor, die für zwei Violinen arrangiert wurden.
Xaver Paul Thoma (*1953) hat sich zur besonderen Aufgabe gemacht, für junge MusikerInnen zu komponieren (www.xaverpaulthoma.de). So schrieb er vorliegende Duos für den Geigenanfangsunterricht. Die insgesamt 25 japanischen Lieder des ersten Bandes sind bis auf ein c”’ in Kirschblüte in der ersten Lage zu bewältigen. Mit den unterschiedlichen Griffarten sollten Schülerinnen und Schüler bereits vertraut sein. Die Rhythmen der Lieder sind sehr eingängig, die Melodien sanglich. So versteht sich fast von selbst, dass bei allen Liedern der japanische Text zum Mitsingen in Lautsprache abgedruckt ist.
Etwas aus dem Rahmen fallen die Vor- und Nachspiele der Lieder. Zum einen klingen deren Harmonien stellenweise recht gewöhnungsbedürftig. Zum anderen ist der Schwierigkeitsgrad gegenüber dem Lied oft deutlich angehoben. Da kommen kompliziertere Rhythmen, dritte Lage und auch schon mal Flageoletts, Doppelgriffe sowie Vorschläge vor. Das ist für den Unterrichtsgebrauch eher unpraktisch. Schließlich erklärt keine Lehrkraft gerne: „Wir spielen nur den Mittelteil, denn Anfang und Schluss des Stücks sind noch zu schwer.“ Es entsteht ein stilis­tischer und spieltechnischer Bruch zwischen den Liedern und deren Vor- und Nachspielen. Letztere wirken so etwas konst­ruiert – als müsse der Sammlung besondere Progression durch das Etikett „Neue Musik“ bescheinigt werden.
Hervorzuheben ist, dass die Ausgabe äußerst anschaulich gestaltet ist. Sehr kindgerechte, hübsche Zeichnungen illustrieren die stets programmatischen Stücke. Ob in Der Elefant, Die klingenden Schuhe oder in Die Spatzenschule: Die Fantasie der Kinder (und der Lehrkraft!) wird mit imaginativen Impulsen genährt – nicht zuletzt dadurch, dass allen Stücken eine kurze Erläuterung zum Text und Informationen rund um die Entstehung des Lieds vorangestellt ist. Spielerinnen und Spieler werden in das traditionelle japanische Liedgut nicht hineingeworfen, sondern an die Hand genommen und behutsam durch bislang möglicherweise unbekanntes Hörterrain geführt. Über die japanischen Dichter und Komponisten stehen zu Beginn kurze biografische Informationen zum Nachschlagen bereit. Der große Notendruck lädt zum Ausprobieren ein.
Katharina Bradler