Pethö, Villö

Eine neue musikalische Lebensform

Von den Wandervögeln zur Musikschule

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2011 , Seite 25

Einblicke in eine musikalische Massenbewegung, die das Leben der Teilnehmenden beeinflusst, ja verändert, findet man nicht nur bei “El Sistema” im fernen Venezuela. Auch ein Blick zurück in die eigene Ge­schichte beleuchtet die Auswirkun­gen einer musikalischen Jugend­bewe­gung, die bis in unsere Zeit ­hinein reichen.

Der Jahrhundertwechsel vom 19. zum 20. Jahrhundert brachte den Bruch mit den Traditionen und der alten Ordnung mit sich. Als Antwort auf die ökonomischen Veränderungen der 1870er und 1880er Jahre und den sich daraus ergebenden gesellschaftlichen Umbrüchen entstanden neue Bewegungen. Die einander nahe stehenden Lebens­reform-Bewegungen hatten zum Ziel, den Alltag eines jeden Einzelnen von Grund auf zu verändern. Hinter den Bestrebungen der Lebens­reform-Bewegungen stand das Bedürfnis, eine neue, menschenzent­rierte Welt ins Leben zu rufen.
Die unterschiedlichen Ideen und Philosophien, nach deren Grund­lagen die Bewegungen viele Bereiche des menschlichen Lebens verändern wollten, hatten mehrere gemeinsame Motive. In den Reformbestrebungen konnte man eine Sehnsucht nach Reinheit, einer „Rückkehr zum Ursprünglichen, einer reinen Quelle“ ausmachen. Das Erscheinen von Grünanlagen und die Entstehung neuer Lebens­gemeinschaften, der Kommunen, zeigt eine neue Beziehung zur Natur. Der Naturschutz trat in den Vordergrund, „natürliche Ernährung“ (wie die vegetarische) und Naturheilkunde fanden Verbreitung.
Der Großstadtmensch suchte in den neuen Gemeinschaften die Erlösung aus der Einsamkeit und versuchte, durch Rückgriff auf die nationalen kulturellen Werte zu den eigenen Wurzeln und dadurch zu sich selbst zurückzufinden. Die Emanzipationsbestrebungen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen wie z. B. Frauen, Arbeiter und Jugend waren sowohl Initiatoren als auch treibende Kraft der neuen Gemeinschaften.

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