Rotifer, Robert

Wenn eine Pendelharfe von einem iPad betrieben wird

Björk über Knoten auf den Stimm­bändern und die Bedeutung des Touchscreens für die Musikpädagogik

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 6/2011 , Seite 42

Das ambitionierteste Pop-Projekt der Saison ist Biophilia, das neue Multimedia-Gesamtkunstwerk von Björk. Anfang Oktober erschien Biophilia als klassisches Album mit zehn Songs. Doch die Stücke sind auch als App-Versionen erhältlich: Wenn man sie auf das iPad lädt, kann man mit Hilfe von grafischen Instrumenten aus der Musik von Björk eigene Musik kreieren. Nach Ansicht der Künstlerin werden auf diese Weise ganz neue Wege des Musik-Lehrens und -Lernens erschlossen. Die zu Musik und Grafik, Album und Apps zugehörige Multimedia-Performance, die kürzlich beim Manchester-Festival ihre Premiere erlebte, soll auf der anstehenden Tournee denn auch durch musikpädagogi­sche Vorträge und Seminare ergänzt werden.

Frau Gudmundsdottir, bei Ihrer ersten „Biophilia“-Show haben Sie anstelle einer Band monströse automatisierte Instrumente wie das so genannte Sharpsichord oder eine vierarmige Pendelharfe aufbauen lassen, die jeweils nur einen Song lang zum Einsatz kamen. Zu deren Bedienung haben Sie wiederum elektronische Technologie verwendet, die eigentlich dazu da ist, solche Inst­rumente überflüssig zu machen. Was hat Sie zu diesen scheinbar willkürlichen Entscheidungen gebracht?
Eigentlich fing alles mit den Touchscreens an. Auf meiner letzten Tour hatten wir einen Lemur mit, den Dinosaurier unter den Touch­screens, und ein Instrument namens Reac­Table, das wir immer noch verwenden. Das war der Ausgangspunkt des ganzen Projekts.

Was fasziniert Sie an Touchscreens?
Zuerst mal das Potenzial für die Musikerziehung. Als Kind ging ich mit fünf Jahren in die Musikschule und sie trainierten uns von ­Anfang an darauf hin, irgendwann in einem ­Sinfonieorchester zu spielen. 90 Prozent der Leute, die auf eine Musikschule gegangen sind, halten sich für Versager, weil sie dieses Ideal nicht erfüllen konnten. Dabei haben Kinder im Alter zwischen fünf und sieben Jahren ganz besondere Fähigkeiten. Jede Zeichnung ist ein Meisterwerk, sie lernen Sprachen, lernen zu schreiben und zu lesen, alles fällt ihnen leicht. Warum sollten wir sie nicht auch mit Musikologie spielerisch umgehen lassen?

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2011.