Heller, Barbara

Für 4 Hände

Klavier vierhändig

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2010
erschienen in: üben & musizieren 2/2011 , Seite 63

Die abwechslungsreichen kleinen Sätze von Barbara Heller entstanden 1962 auf Anregung des Komponisten Harald Genzmer und sind dezidiert für den ­Klavierunterricht gedacht. Die Sammlung richtet sich an leicht fortgeschrittene SchülerInnen (je nach Übefleiß und Alter etwa im zweiten, dritten Unterrichtsjahr) und möchte offensichtlich nicht nur technische Fertigkeiten vermitteln, sondern darüber hinaus auch musikalisches Allgemeinwissen.
So stellt Heller beispielsweise verschiedene italienische Tempo- und Spielanweisungen als Titel über die einzelnen Nummern, womit sich bereits in den Überschriften ein Lernfeld eröffnet: Von Allegro über Giocoso und Presto bis hin zu Grazioso und Vicace werden da eben nicht nur unterschiedliche Tempi angesprochen, sondern auch ganz verschiedene Charaktere, die den jeweiligen Stücken zu eigen sind. Dazu kommen verschiedenste Taktarten und auch Rhythmen, die ebenfalls von Stück zu Stück wechseln – eine Variationsbreite, die geradezu einlädt, auch mehrere oder alle Nummern dieser Sammlung hintereinander zu spielen.
Alle Stückchen sind sehr sorgfältig mit Phrasierungs- und Artikulationszeichen sowie dynamischen Angaben versehen, sodass auch in diesem Bereich ein breites Wissen erarbeitet werden kann. Und daneben werden vom Ambitus der beiden Partien in den verschiedenen Stücken jeweils verschiedene Lagen abgedeckt, also sowohl Noten mit Hilfslinien über dem System als auch unter dem System. Beide Stimmen gehen dabei über den Oktavbereich hinaus, weisen auch vereinzelt Oktavgriffe auf, sodass zumindest einige der Stücke nur bedingt für kleine Hände geeignet sind – wobei eine der Partien jedoch immer machbar wäre.
Primo- und Secondopart entsprechen sich im Schwierigkeitsgrad in etwa. Vielfach hat der Secondo-Spieler ostinate Figuren zu erledigen, während der Primo-Spieler die dann oft bewegtere Melodie in Oktaven da­rüber spielt, doch wechselt in fast jedem Stück auch einmal die Melodieführung, sodass auch der zweite Spieler dann mit der Hauptstimme zu hören ist – und das Üben für beide Stimmen interessant bleibt.
Auch im Hinblick auf die Harmonik gibt es manches zu entde­cken. Zwar sind ­alle Stücke klar tonal, erfreuen auch mit leicht einprägsamen Melodien, doch kann man sich hier unterschiedlichste Stimmungen erspielen: Da changiert mal ein Vivo originell zwischen Dur und Moll, klingt ein Larghetto-Teil beinahe choraliter, ein Presto wirkt hart und gehackt. Und schließlich verlangen die in den meisten Nummern vorhandenen Wechsel der Hauptmelodie zwischen den Partien natürlich auch noch ein sorgfältiges Hinhören bezüglich der Balance zwischen den beiden SpielerInnen.
Ob also mit Schüler und Lehrkraft, zwei SchülerInnen oder wechselnden Besetzungen: Diese kleine Sammlung eröffnet ­ihren InterpretInnen nicht nur Spielspaß, sondern auch noch reichlich, aber unauffällig Gelegenheit zum Lernen.
Andrea Braun