Edler, Arnfried

Robert Schumann

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: C. H. Beck, München 2009
erschienen in: üben & musizieren 2/2010 , Seite 53

Bereits 1982 hat Arnfried Edler mit Robert Schumann und seine Zeit eine umfangreiche Schumann-Monografie vorgelegt. Dem enormen Zuwachs an Ergebnissen der Schumann-Forschung in den vergangenen Jahrzehnten trug Edler 2008 in einer dritten, erweiterten und korrigierten Auflage seines viel gelesenen Werks Rechnung. Das nun erschienene Bändchen bildet gleichsam ein Kondensat der Summe von Edlers überaus gründlicher, kenntnisreicher, multiperspektivischer Forschungsarbeit über Schumanns Persönlichkeit und Werk. Neueste wichtige Publikationen zu Schumann wurden einbezogen. Meisterhaft gelingt es Edler, Schumanns Kunst im Bedingungsgefüge ihres komplexen geschichtlichen Umfelds verstehbar zu machen. Kultur-, Sozial-, Kompositions- und Rezeptionsgeschichte, Biografie, Politik, Ästhetik, Rezeption – all diese Determinanten und Handlungsfelder bezieht Edler ein, um Schumann nahe zu kommen.
Acht Kapitel zeichnen die Entwicklung der komplizierten Persönlichkeit Schumanns und seines von Anfang bis Ende immer wieder innovativen Komponierens nach. Die Überschriften der Kapitel lauten: 1. „Ein gebildeter Bürgersohn aus der Provinz“, 2. „Vom Pianisten zum Komponisten“, 3. „Redakteur einer ‚jungdeutschen‘ Musikzeitschrift“, 4. „Künstlerehe“, 5. „Gattungsuniversalismus“, 6. „Bürgerlicher Komponist und Bürgerliche Revolution“, 7. „Ein Sachse im Rheinland“, 8. „Künstlertum und Krankheit“. In umsichtiger Charakterisierung und stets mit souveräner Kenntnis des umfangreichen Quellenmaterials erörtert Edler Schumanns Lernwege, seine Lektüren, seine Tätigkeiten als Musikschriftsteller, Tagebuch- und Briefschreiber, Komponist, Pädagoge, Dirigent, Ehepartner, Vater, Pädagoge.
Bewundernswert formuliert Edler im Rahmen eines schmalen Bändchens Substanzielles zu Schumanns riesigem Œuvre. Mit kompositionsgeschichtlich fundierter Kompetenz erfasst er in frappierender Kürze, oft mit wenigen Worten die jeweilige neuartige Besonderheit der einzelnen Werke Schumanns. Dabei vermeidet er jede Selektion. Während im Schumann-Schrifttum vielfach die Tendenz vorhanden ist, zwischen bedeutenden und weniger bedeutenden Werken zu unterscheiden (und Autoren dabei häufig mit ärgerlicher Anmaßung Werturteile fällen), verfolgt Edler bei seinen knappen Ausführungen zu allen Werken die Strategie, Schumanns Verfahrensweisen als Realisierung einer jeweils besonderen kompositorischen Intention zu erfassen.
Immer wieder zeigt er Schumanns „Experimentierfreude“ und „den experimentellen Charakter“ seiner Werke. Er weist nach, wie gründlich und vielgestaltig Schumann die Möglichkeiten der vorhandenen musikalischen Gattungen systematisch reflektiert, exploriert, erweitert, wie er unablässig neue Gattungen erprobt und dabei oft einen „experimentellen Gattungsamalgam“ hervorbringt. Nirgends ist die Spezifik von Schumanns Komponieren in einer Überblicksdarstellung so konzise erfasst worden.
Ulrich Mahlert