Popov, Nicolai

Klaviertechnik – Repetition ohne Fingerwechsel / Klaviertechnik – Sprünge

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Kunzelmann, Adliswil/Zürich 2009
erschienen in: üben & musizieren 1/2010 , Seite 60

Die Besonderheit der von Nicolai Popov herausgegebenen klaviertechnischen Übungen besteht in der Behandlung von pianistischen Einzelaspekten, aber auch darin, dass er Werke von Komponisten verschiedenster Nationalitäten und Epochen in einem Band zu einer umfangreichen Sammlung zusammenfügt. Diese ergänzt er durch eigene Übungen.
Hier fällt nicht nur die Fülle an Material, sondern auch dessen literarische Bandbreite positiv auf: Neben Übungen und Etüden von Czerny, Brahms, Liszt, Scarlatti, Busoni, Moszkowski und Wieck finden sich ebenso Stücke von Hermann Berens, Henri Bertini, Henry-Antoine Lemoine, Sigmund Lebert und Rafael Joseffy sowie ein Ausschnitt aus einem Händel zugeschriebenen Concerto (Bearbeitung des Verfassers?).
Im Anhang gibt Popov kurze biografische Hinweise zu den Komponisten und ihren wesentlichen Beiträgen zur Klaviertechnik. Leider fehlen nicht nur hier konkrete Werkangaben. Einen Beitrag zu Bartók oder Händel sucht man allerdings vergeblich.
Wenig informativ fällt auch Popovs Vorwort aus, das sich in allgemeingültigen und wenig weiterführenden Aussagen erschöpft. Seine Einleitungen mit Bemerkungen zur Körperhaltung bzw. zu Bewegungen von Handgelenk und Unterarm fallen sehr sparsam aus und wären, konkreter und einzelnen Übungen vorangestellt, sinnvoller platziert gewesen.
Spielanweisungen werden, obwohl sie aus einem fremden Gesamtkonzept stammen, übernommen und sind durch alternative Anleitungen, Noten und Fingersätze des Herausgebers ergänzt. Einleitende sinngemäße Zitate nach dem Buch Liszt pédagogue (Auguste Boissier) geben – leider nur vereinzelt – kognitive und anschauliche Hilfestellungen („Repetition ohne Fingerwechsel“).
Was im Heft „Sprünge“ naturgemäß außen vorbleibt und sich letztlich ansatzweise nur in der Scarlatti-Sonate zeigt, sind melodische Elemente. Diese kommen vor allem bei den Stücken zur Repetition von Lemoine, Bartók, Lebert und Moszkowski zur Geltung. Auch Akkordübungen werden mit einbezogen. Die meisten Übungen konzentrieren sich (in beiden Bänden) auf Tonart- und Intervall-Wechsel.
Dennoch stellt sich die Frage nach einem verknüpfenden Konzept der aus ihrem eigenen Zusammenhang genommenen Übungen. Sowohl den Repetitions- als auch den Sprünge-Übungen mangelt es an einer aufeinander aufbauenden, didaktisch aufbereiteten Struktur. Auch wenn chromatische Veränderungen durch alle Tonarten und Intervallabstände den Schwierigkeitsgrad der Übungen erhöhen, sind diese weniger progressiv als vielmehr beliebig aneinandergereiht. Deshalb sind Popovs Sammlungen nur als Ergänzung zu umfassenden Klaviertechnik-Übungen zu empfehlen.
Christoph Guddorf