Röbke, Peter

Swinging Leader

Musik als Herausforderung für einen Top-Manager

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2009 , Seite 24

Ein Top-Manager („Manager des Jahres“) eines international agierenden Unternehmens, der als Saxo­fonist in einer Jazzband nicht nur Erfüllung ­findet, sondern auch erfolgreich ist: Ist das nur der „Spleen eines Alphatiers“? Peter Röbke traf sich in einem Wiener Kaffeehaus mit Norbert Zimmermann, Manager der Berndorf AG, und sprach mit ihm über die besondere Herausforderung des Musizierens.

Eine der lebendigsten und erfolgreichsten Musikschulen Niederösterreichs agiert im kleinen Triestingtal in einem kommunalen Umfeld, in dem ein weltweit agierender Konzern, die Berndorf AG, eine wesentliche Rolle spielt; ein Unternehmen, dessen Vorstandsvorsitzender aus Überzeugung und mit Nachdruck der örtlichen Musikschule in kritischen Situationen zur Seite steht. Seit Jahren schon erzählt mir der mit mir befreundete Schulleiter Andreas Enne immer wieder begeistert von Norbert Zimmermann, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Berndorf AG, dessen Managementerfolge legendär seien, der aber auch ein begeisterter Musiker sei. Mein Interesse ist geweckt: Ich stoße auf die Unternehmensgeschichte der Berndorf AG und erfahre, dass Norbert Zimmermann im Jahr 1987 als Sanierer ein marodes Staatsunternehmen übernommen und dieses im Wege eines Management-Buy-outs1 in einem recht kurzen Zeit­raum zu einem weltweit agierenden Hightechkonzern gemacht hat (mit einer Verachtfachung des Umsatzes), der in nicht wenigen Geschäftsfeldern auch technologischer Weltmarktführer ist. Und so war es nur folgerichtig, dass die Wiener Wirtschaftsuniversität ihn im Jahr 2000 zum „Manager des Jahres“ kürte: Die Laudatio rühmte Zimmermanns Unternehmergeist ebenso wie sein technologisches Gespür und seine internationale Ausrichtung.
Recherchiert man aber über Norbert Zimmermann weiter im Netz, so fällt auf, dass immer wieder auch die musikalische Seite des Managers betont wird: Vom engagierten und eindrucksvollen Hobby-Saxofonisten ist die Rede und auch Zimmermanns Rolle in der Jazzband „Swinging Leaders“ (der Name ist Programm!) wird he­rausgestrichen. Im September 2009 erscheint gar ein ganzseitiges Porträt des Musikers mit dem Titel „Berndorf-Sanierer Norbert Zimmermann – Taktwechsel“ in der Reihe „Die Spleens der Alphatiere“ im „Zentralorgan“ der deutschen Wirtschaft, der Financial Times Deutschland. Ich spüre: Über diesen Mann und seine Motivation zum Musizieren würde ich gerne mehr wissen. Und so sitze ich ihm in einem Wiener Kaffeehaus gegenüber und erfahre eine faszinierende Geschichte über die Bedeutung, die das Musikmachen für einen Menschen im fortgeschrittenen Alter haben kann.
Eines sei gleich zu Beginn klargestellt: Musizieren ist für Zimmermann nicht (nur) Erholung, harmlose „Leisure Time“-Aktivität; es ist auch nicht einfach nur der „Spleen eines Alphatiers“, ein etwas skurriles oder exzent­ri­sches Handeln des erfolgreichen Unternehmers (der damit im Kreise der Herren in den grauen Anzügen kokettieren könnte). Musizieren bedeutet für Zimmermann vor allem Herausforderung. Er realisiert mit Mitte 50: „Als Super-Unternehmer gefeiert – das gibt mir nichts mehr; ich weiß, dass ich Management kann“, und sucht getreu seiner Überzeugung, dass in dem Moment, wo man nichts mehr lernt, das Leben aufhört, eine Herausforderung für das Leben nach 60: ein neues Lebenskonzept, eine neue Möglichkeit, Fähigkeiten zu entwickeln und in einen anspruchsvollen Rahmen einzubringen.
So beginnt, angestiftet von einem Vorstandskollegen, der Saxofonunterricht bei einem professionellen Jazzer, und aus zwei anlässlich von Geburtstagen entstandenen Ad-hoc-Bands (immerhin fragte schon beim ersten „Auftritt“ die Gastwirtin nach, ob man diese Band auch für Hochzeiten buchen könne…) entsteht die Idee der „Swinging Leaders“ (siehe auch www.swinging-leaders. at): eine Band, die inzwischen zwei ProfimusikerInnen sowie zwei Banker, zwei Manager, einen Unternehmensberater, eine Berufsanfängerin und einen Versicherungsmathematiker zusammenführt, eine Band, die stolz da­rauf ist, dass sowohl die Band-Sätze als auch die Soli der Berufsmusiker absolut professionell klingen (die Musikliebhaber in der Band toben sich eher im kleineren Rahmen solistisch aus: „Unsere Soli haben aber immerhin einen Anfang und ein Ende“, teilt mir Norbert Zimmermann schmunzelnd mit), und eine Band, die vor ­allem bei Veranstaltungen in der „Business Community“ gebucht wird, wobei vom Veranstalter erwartet wird, dass wenigstens 2500 Euro für einen guten Zweck gestiftet werden – nach dem Motto: „Keine Gage, aber nicht umsonst.“

1 Der Begriff Management-Buy-out (MBO) bezeichnet einen Eigen­tümerwechsel eines Unternehmens, bei dem das Management die Mehrheit des Kapitals von den bisherigen Eigentümern erwirbt. Falls die Belegschaft das Unternehmen übernimmt, wird dies als ­Employee-Buy-out bezeichnet.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2009.