Vliex, Sabine

Musizieren kann lautlos sein

Musik und Bewegung mit Kindergruppen

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 6/2009 , Seite 32

Gerade in Zeiten vermehrten Klassenmusizierens liegen neue Chancen des Zugangs zur Musik in der motivierenden Ver­bindung von Musik und Bewegung. Sabine Vliex verdeutlicht anhand praktischer Beispiele, wie laut­loses (Mit-)Musi­zieren durch Bewegung im Dialog zur Musik gelingen kann.

Musizieren kann lautlos sein. Ist das nicht eine angenehme Vorstellung für lautstärkegeplagte MusikpädagogInnen? Die Arbeit über die Wechselwirkung von Musik und Bewegung macht es möglich! Auch beim Unterricht mit großen Gruppen und gerade im Bereich des Klassenmusizierens mit Grundschulkindern. Bewegung zu Musik ist (fast) lautlos, vorausgesetzt, man arbeitet von Anfang an konsequent mit der Spielregel: Wenn wir uns zu Musik bewegen, sind die Ohren auf und der Mund zu! So zeichnen die Körperbewegungen die Musik visuell und lautlos mit. Das können Kinder nach etwas Übung sogar mit innerlich vorgestellter Musik – und dann hören wir wirklich nur noch das Rascheln der Kleidung oder den Aufsatz unserer Schritte.
Über Musik und Bewegung ist es bereits an zahlreichen Grundschulen gelungen, für ganze Schulklassen eine musikalisch-tänzerisch kreative Basisbildung zu leisten. Was Kinder musikalisiert, muss sich also nicht unbedingt und ausschließlich durch selbst gespielte oder gesungene Töne widerspiegeln. Beschrieben werden in diesem Artikel deshalb nicht die selbstverständlichen Säulen jeder grundlegenden musikalischen Arbeit wie Singen und Spielen auf Instrumenten. Beschreiben möchte ich anstelle dessen in einem kleinen Ausschnitt drei Leitgedanken des Fachs „Musik und Bewegung/Rhythmik“, die tatsächlich musikalisches Lernen ermöglichen, das zwar aktive Beteiligung erfordert, sich aber ohne die Produktion eigener Laute, Töne oder Geräusche manifestiert und auch nicht die Verbalisierung von Musik in den Vordergrund rückt.
Das Spezielle an dieser Arbeit liegt in der Wechselwirkung von Musik und Bewegung. Hier zeigen die Kinder durch die Bewegung an, wie viel, wie genau und mit welcher Qualität sie die Musik aufgefasst haben. Sie üben sich darin, die Ohren, die innere Aufmerksamkeit, den Körper und die Bewegung miteinander korrespondieren zu lassen. Anhand dreier Stichworte soll im Folgenden mit Praxisbeispielen verdeutlicht werden, worum es dabei genau geht:
– Wahrnehmen
– Töne sichtbar machen
– Musikalischer Körperausdruck.

Wahrnehmen

Was wir wahrnehmen, ist immer eine ganz persönliche Wahrheit. Das gilt für alle Wahrnehmungsebenen wie Hören, Sehen, Riechen, Tasten/Spüren/Bewegen und beim Gleichgewichtssinn. Dies soll auch den Kindern von Anfang an klar werden. Jeder Mensch achtet z. B. beim Hören je nach Vorerfahrung auf verschiedene Aspekte und wir deuten unsere akustische Umwelt auf unsere persönliche Weise. Bei allem Vergnügen, das uns besonders die gemeinsam erlebte Musikwahrnehmung bereiten kann, ist es doch ebenso reizvoll, Kindern von Anfang an bewusst zu machen, dass jedes Ohr – oder besser: jedes Gehirn – in den Feinheiten etwas anders hört, auch wenn wir auf scheinbar Gleiches lauschen. Die Übung „Lauschen auf drinnen und draußen“1 ist eine elementare Übung, die deutlich machen kann, wer auf was hört.

1 siehe ausführlich in Sabine Vliex: Theo, der Papierpanther. Das Konzeptbuch als Spiel- und Übungssammlung mit zwei Musik-CDs für Lehrerinnen und Lehrer, Mindelheim 2009, S. 39 f.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2009.