Leopold, Silke / Dorothea Redepenning / Joachim Steinheuer

Musikalische ­Meilensteine

111 Werke, die man kennen sollte, Band 1 und 2

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2008
erschienen in: üben & musizieren 2/2009 , Seite 54

Die kleinen Nachschlagewerke aus der Verlagsreihe „Basiswissen“ richten sich an SchülerInnen, Studierende sowie „Wissenshungrige aller Altersklassen“ mit dem Ziel, anhand einer überschaubaren Datenmenge Grundlageninformationen zur Musikgeschichte und -theorie zu vermitteln. Es handelt sich also nicht um Kompendien, sondern um Orientierungshilfen, die anhand ausgewählter Kompositionen und Fachausdrücke alle wichtigen Aspekte der abendländischen Musikentwicklung abdecken und einen Weg durch den verwirrenden Mediendschungel unserer Zeit anbieten sollen: „Welche Begriffe muss ich kennen, um zu finden, wonach ich suche“, wie es im Vorwort heißt, und diese ungeschickte Ausdrucksweise mag man als ein Zeichen dafür werten, dass dahinter vor allem ein Wunsch, weniger aber dessen Einlösung steckt. Gleichwohl wäre eine Kritik an dem Angebot im Detail zu billig, denn Fehlendes lässt sich in solchen Fällen immer leicht finden.
Die Musikalischen Meilensteine durcheilen in 111 Stationen rund tausend Jahre Musikgeschichte, wobei man – wie schon die beiden zeitlichen „Grenzpfähle“ Hildegard von Bingen und Sofia Gubaidulina zeigen – stellenweise erfreulich unkonventionell vorgegangen ist. Allerdings müssen für die historische Einordnung und die Besonderheiten eines Werks jeweils zwei Seiten ausreichen. Die Folge ist eine extreme Textlastigkeit: Notenbeispiele, durch die viele Erläuterungen fasslicher würden, sind absolute Raritäten. Zudem vermeiden die AutorInnen alles, was auch nur im Entferntesten nach „Unterhaltungsmusik“ schmeckt – Musical oder Operette vermisst man ebenso wie den von vielen „ernsten“ Kollegen seiner Zunft verehrten „Walzer-König“ Johann Strauß (Sohn); auch die übrige populäre Musik bleibt außen vor.
Gleiches gilt für den Grundwortschatz Musik, mit dessen Sammlung von Fachbegriffen (darunter „Chor“, „Fuge“, „Lied“ oder „Takt“) man im großen Ganzen leben kann. Doch auch hier fehlen weitgehend erhellende Notenbeispiele und Tanzformen werden nur im Zusammenhang mit der Suite angesprochen – die mannigfaltige Entwicklung dieses Sektors im 19. Jahrhundert ist also ausgeklammert. Ein Register hätte außerdem die Suche nach bestimmten Komponisten ermöglicht.
Die Reihe wird zeitgemäß als „Notebook“ angeboten, die Darstellung orientiert sich dementsprechend an der Computergrafik – zentrale Fachbegriffe sind etwa als Hyperlinks gestaltet. Knappe Marginalien ergänzen den Haupttext, bei den Meilensteinen kommen noch jeweils zwei weiterführende Literaturhinweise und diskografische Empfehlungen hinzu. Der Inhalt wird sich besonders einem bereits vorgebildeten Leserkreis erschließen – doch benötigt der dieses „Basiswissen“ noch? Die Konzeption ist jedenfalls verbesserungsfähig, als pädagogisches Standardwerk dürfte es sich deshalb kaum etablieren.
Georg Günther