Linnemann, Maria

Soledad

für Gitarre solo

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Ricordi, München 2008
erschienen in: üben & musizieren 2/2009 , Seite 62

Beschäftigt man sich länger mit der klassischen Gitarre – sei es als Schüler, als Pädagoge oder Pädagogin oder als interessierte Hobbymusikerin –, stößt man unweigerlich auf den Namen Maria Linnemann. Unzählige Werke für Gitarre hat die in Amsterdam geborene und nach längerem China-Aufenthalt wieder in Deutschland ansässige Komponistin geschrieben. Der hier vorliegende Band ist ihr neuestes Werk und präsentiert 14 Stücke, die Eindrücke von vielen Reisen Linnemanns verarbeiten.
Vom Schwierigkeitsgrad richtet sich das Heft an fortgeschrittene GitarristInnen, denen hier technisch einiges abverlangt wird. Lagenspiel, Barretechnik und die verschiedenen Anschlagsarten der klassischen Gitarre sollte man sicher beherrschen, bevor man sich an eines der Stücke wagt.
Harmonisch bedienen sich die Kompositionen Elementen des Folk und Jazz und verbinden diese geschickt mit klassischer Gitarrentechnik. „Memories of Charlie“ ist eine swingende Hommage an Charlie Chaplin, „Lady Claire“ ein melancholisches Stück mit eingängiger Melodie. „Candles“ wirkt fast poppig, während „Huiyi“ Tremolotechnik mit asiatischer Stimmung verbindet.
In jedem Stück finden sich Passagen, die längerer Übung bedürfen, besonders rhythmisch wird einiges gefordert. Neben Swingrhythmen und komplexen zweistimmigen Passagen findet man auch dem Pop entliehene Offbeats, Jazz-Akkorde, Pizzicato-Basslinien und Stücke im Drop-D-Tuning. Bei aller technischen Komplexität verliert Linnemann jedoch nie die Melodie aus den Augen und so entsteht –nachdem eine gewisse Übezeit investiert wurde – immer ein ansprechendes musikalisches Bild, das den Übeaufwand rechtfertigt und nicht das Gefühl einer rein technischen Übung hinterlässt.
Dieser gekonnt gemeisterte Spa­gat zwischen technischem Anspruch und musikalischer Aussage macht “Soledad” zu einer sinnvollen Ergänzung im fortgeschrittenen Gitarrenunterricht. Interessierte GitarristInnen finden aber auch konzerttaugliche Stücke, die ihr Repertoire um modern klingende Facetten erweitern können.
Wünschenswert wäre lediglich eine dem Buch beiliegende CD, da ein Klangeindruck der Stücke sich erst nach einiger Zeit des Spielens einstellt. Eine Aufnahme würde einerseits einen Klangeindruck vermitteln und andererseits weniger fortgeschrittene Schüler motivieren, sich an einem der Stücke zu versuchen. Andererseits ist die Ausgabe wirklich preiswert und eine CD-Beilage würde den Preis in die Höhe treiben. So gesehen bietet “Soledad” keinen Grund zur Klage und stellt ein weiteres gelungenes Werk im kompositorischen Schaffen Linnemanns dar, das sicherlich viel Freude im gitarristischen Alltag bereiten wird.
Martin Schmidt