Twelsiek, Monika (Hg.)

Impressionismus

21 Klavierstücke rund um Debussy

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2008
erschienen in: üben & musizieren 1/2009 , Seite 60

Die vorliegende Sammlung enthält neben sechs Stücken von Debussy aus verschiedenen Perioden seines Schaffens und zwei Stücken von Ravel noch Werke von Liszt, Grieg, Albéniz, Satie, de Falla und Federico Mompou, die zwischen 1836 und 1920 komponiert wurden. Diese Aufzählung verdeutlicht, dass hier nicht nur Stücke versammelt sind, die stilistisch dem „Impressionismus“ zugeordnet werden können, vielmehr werden Entwicklungslinien aufgezeigt, die sich über gemeinsame Satzformen, Charaktere, Genres, (Hirtengesang, Nocturne, Serenade u. Ä.) bestimmen lassen. Die große Bedeutung Debussys für die nachfolgenden Komponisten wird durch Hommage-Stücke von Satie und de Falla bekräftigt. Der Informationsgehalt des Bandes geht deshalb über die reine Präsentation der teils bekannten, teils weniger bekannten Stücke hinaus. Man erfährt die Entstehungszeit aller Stücke und bekommt im Vorwort von Monika Twelsiek eine kleine Einführung in die kompositorischen und ästhetischen Merkmale der so genannten impressionistischen Musik, wobei die Herausgeberin auch die Vorbehalte der Komponisten diesem Begriff gegenüber nicht verschweigt. Eine Übersetzung sämtlicher Vortragsbezeichnungen aus dem Französischen ergänzt das Material.
Die Stücke sind mittelschwer, insofern wendet sich die Sammlung an fortgeschrittene KlavierspielerInnen und vielleicht auch Klavierlehrkräfte, die hier angeregt werden können, die historischen Wurzeln der zu spielenden Werke zu erkunden. Die Stücke enthalten in unterschiedlichem Ausmaß Fingersatzbezeichnungen. Nicht immer überzeugen die Fingersätze, wobei natürlich das grundsätzliche Problem berücksichtigt werden muss, dass Fingersätze immer den Händen des Spielers und seinen individuellen Spielerfahrungen sowie seinem Interpretationskonzept entsprechen müssen. Einen allgemein gültigen Fingersatz anzugeben, ist deshalb in jedem Fall eine undankbare Aufgabe. Im vorliegenden Fall gibt es manchmal unnötige Spannungen in den Händen, überflüssige stumme Fingerwechsel u. Ä. (Ein kleines Versehen sei am Rande vermerkt: Im Vorwort wird ein Stück von Ibert angekündigt, das in der Sammlung jedoch fehlt.)
Am Ende des Vorworts beschreibt die Herausgeberin ein mögliches Herangehen an die Stücke u. a. als „meditatives Sich Einlassen auf einen besonders schönen Klang […], Horchen auf Körper und Instrument […], Hervorlocken von Tönen und Stimmungen“. Vielleicht offenbart sich hier ein Grund für die Ablehnung des Begriffs „Impressionismus“ durch Debussy: Bei allen atmosphärischen Qualitäten dieser Musik enthält sie ja doch oft eine gehörige Portion rhythmischer Energie und ist kompositorisch sehr bewusst strukturiert. Die Empfehlungen sollten also eher als Appell verstanden werden, sich bei der Beschäftigung mit diesen Stücken Zeit zu nehmen und Gelegenheiten zum Vergleich und zur Gegenüberstellung zu nutzen, ohne sich in den schönen Momenten zu verlieren.
Linde Großmann