Mahlert, Ulrich

Musikalische Liebesbeziehungen

Zur Erotik des Musizierens

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2008 , Seite 18

Liebesfreuden und Liebesleiden – aufs Intensivste lassen sich erotische Gefühle in Musik ausdrücken. Inwiefern ist speziell das Musizieren eine erotische Kunst?

Dass Kunst tiefenpsychologisch betrachtet nicht zuletzt auf der Sublimation erotischer Energien beruht, wissen wir durch Sigmund Freud. Wie alle künstlerischen Aktivitäten bietet auch musikalische Betätigung die Möglichkeit, libidinöse Fantasien auszuleben und „abzuführen“, sodass sich Spannungen vermindern und ein seelisches Gleichgewicht erreicht werden kann. Ist hier besser von Sexualität oder von Erotik die Rede? Ich wähle den Begriff Erotik als den umfassenderen. Er schließt alles ein, was sich auf das Erleben, Fühlen, Fantasieren, Imaginieren im Empfindungskosmos geschlechtlich geprägter Liebe bezieht. Die freudsche Modellvorstellung von der „Abfuhr“ erotischer Energien ist freilich sehr grob. Weitreichende Fragen tun sich bei einem Nachdenken über das Verhältnis von Musik und Erotik auf: Inwiefern hält Musik prinzipiell Potenziale zu einem erotischen Erleben bereit? Wie erscheinen diese Potenziale in Musikarten verschiedener Kulturen, Epochen? Was wird an einzelnen Werken als erotisch erfahren? Was kann an ihnen erotisch erlebt werden? Im Folgenden soll vor allem das Musizieren, die Ausübung von Musik, im Mittelpunkt stehen. Die zentrale Frage lautet also: Was ist – tatsächlich oder potenziell – erotisch am Musizieren?

 

 

 

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