Weinzierl-Wächter, Elisabeth / Barbara Heller (Hg.)

Flötenmusik von ­Komponistinnen

13 Stücke für Flöte und Klavier aus vier Jahrhunderten

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2008
erschienen in: üben & musizieren 6/2008 , Seite 63

Flötenmusik von Komponistinnen – endlich liegt auch für Flöte ein Sammelband vor, der pädagogisch tätige wie konzertierende MusikerInnen gleichermaßen interessieren dürfte! Die Sammlung bietet eine hervorragende Gelegenheit, Werke für Flöte und Klavier von Komponistinnen kennen zu lernen. Denn die Herausgeberinnen haben für diesen Band dreizehn Stücke aus vier Jahrhunderten ausgewählt. Darunter sind relativ bekannte, bereits veröffentlichte Werke wie die Sonate F-Dur von Anna Amalia von Preußen (1723-1783), mit der die Sammlung eröffnet wird, aber auch zahlreiche Erstveröffentlichungen vor allem zeitgenössischer Musik.
Das zweite Werk, die Sonate G-Dur op. 1/6, stammt von der ca. 1740 geborenen Anna Bon. Ihre sechs Friedrich von Bayreuth gewidmeten Flötensonaten komponierte sie bereits mit 16 Jahren. Beim folgenden Stück, den Variationen für Flöte und Klavier op. 37 der aus Niederösterreich stammenden Leopoldine Blahetka (1809-1887), handelt es sich um effektvolle, technisch anspruchsvolle biedermeierliche Salonmusik. Blahetka, auch „Poldi“ genannt, galt als die erfolgreichste Pianistin ihrer Zeit. Cécile Chaminades Concertino ist auch heute noch sehr bekannt. Ihre anderen Werke dagegen – sie schrieb über 400! – sind weitgehend vergessen. Abgedruckt ist die Sérénade aux Étoiles (1911), ein atmosphärisch dichtes, reizvolles Vortragsstück.
Auch die zahlreichen Kompositionen der Pariser Komponistin Mel Bonis (1858-1937) erfahren erst in den vergangenen Jahren vermehrt Aufmerksamkeit. Ihre Pièce op. 189 ist ein musikalisch komplexes, spätromantisch-impressionistisches Stück. Es folgen zwei weitere kleine Werke aus Frankreich. Zum einen die heiter-fließende Forlane (ein traditioneller italienischer Tanz) von Germaine Tailleferre (1892-1983), die als einzige Frau der „Groupe des Six“ angehörte, zum anderen das klanglich raffinierte Nocturne (1911) der Rompreisträgerin Lili Boulanger (1893-1918).
Stellvertretend für die Vielzahl an zeitgenössischen Flötenwerken enthält der Band schließlich bisher unveröffentlichte Werke von Barbara Heller (Parlando), Gloria Coates (Phantom), Dorothee Eberhardt (Träume), Caroline Ansink (Epitaph für Marius), Annette Schlünz (tastend, tränend) und Christine K. Brückner (Tsetono). Die seit den 1990er Jahren entstandenen Werke sind stilistisch sehr unterschiedlich. So findet man Romantisch-Zartes, Tango-Anleihen, rhythmisch Vertracktes, fragile Klangexperimente, Anklänge an Jazz und Minimal Music. Nur zwei der sechs Stücke verlangen neue Spieltechniken.
Die Stückauswahl der Sammlung ist fraglos subjektiv. Doch das Preis-Leistungsverhältnis stimmt; für (fast) jeden Geschmack ist etwas dabei. Alle Komponistinnen werden in kurzen biografischen Notizen vorgestellt. Ein Band voll Information und Inspiration. Eine wahre Fundgrube!
Andrea Welte