Hellhund, Herbert

Jazztrompete kreativ

Band 1: Technik, Stilistik, Aufbautraining, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2007
erschienen in: üben & musizieren 3/2008 , Seite 59

Viel ist zu diesem Thema geschrieben worden, seit der Jazz auch an den Hochschulen hoffähig wurde. Die meisten dieser Jazzschulen und Etüdenbücher zielen auf das „Was“, das heißt auf Inhalte wie Skalen, Arpeggien, Akkordfolgen, Funktionsharmonik. Viele bekannte Jazzmusiker sind in den vergangenen Jahren mit Publikationen von Transkriptionen oder Übungen auf diesen Zug aufgesprungen. So entstand ein großer und leicht zugänglicher Fundus an Übemöglichkeiten, der den Studierenden sehr viel größere Vielfalt bietet als noch vor zwanzig Jahren.
Bei aller Vielfalt blieb dennoch eine Lücke, die zu schließen sehr schwer ist. Dennoch hat Herbert Hellhund sich mit der vorliegenden Publikation an dieses Thema herangewagt. Es geht um das „Wie“. Der Tenor des Werks und vielleicht auch die Inspiration zu dessen Entstehung ist die Erkenntnis, dass das „Wie“ den größten Teil des Jazzidioms ausmacht. Salopp gesagt: Der (harmonisch) falsche Ton mit richtiger Artikulierung und Phrasierung gespielt klingt sehr oft nach Jazz, der richtige Ton mit falscher Artikulierung oder Phrasierung klingt trotzdem oft falsch.
Nach einer sehr genauen Einführung zur Bedeutung des „Wie“ folgen zwei ebenso detaillierte Kapitel zu den Themenbereichen Technik und Stilistik. Dabei verfolgt der Autor ein holistisches Konzept, mit welchem er versucht, Studierende als Ganzes anzusprechen und eben nicht nur als TrompeterInnen. So erklärt er technische Übungen durchweg in Bezug auf deren musikalische Anwendung oder regt die Öffnung gegenüber dem eigenen, inneren Rhythmus an. Tonstudien eben mal nicht mit dem Metronom zu üben, sondern sich nach dem eigenen Herzschlag zu richten, fordert den Übenden ohne große Psychologisierung und vielleicht sogar unbewusst heraus, die Beziehung zu seinem Tun auf ganz natürliche Weise sehr tief zu erforschen.
Sämtliche Bereiche trompeterischen Handwerks werden sehr detailliert erklärt und mit hilfreichen Tips zur Selbstanalyse angereichert. Ob Zunge, Vokale, Lippen oder Naturtonbindungen: Hellhund zeigt immer, dass nichts von alledem für sich alleine steht, sondern immer dem einen Ziel dient, Musik zu machen. Der Bereich Stilistik ist der Bedeutung von Artikulierung und Phrasierung im Jazz gewidmet. Mit Übungen und Hörbeispielen zeigt er, dass gerade diese beiden Qualitäten das Kernstück dessen sind, was wir „Jazz“ nennen. Von der rhythmischen Definition des Begriffs „Swing“ bis zu „ghost notes“ und „false fingering“: Alles wird erklärt und in Beziehung gesetzt.
Was Hellhund auf diesen gut 60 Seiten macht, könnte man als gedruckten Jazz-Appetizer bezeichnen, genauso, wie er selbst die ersten Tracks der beiliegenden CD nennt. Seine Ausführungen machen Lust, das Instrument in die Hand zu nehmen und loszulegen. Wohl auch deshalb, weil sowohl Hellhunds Kompetenz als auch seine Liebe zum Jazz spürbar sind.
Mathias Engl