Frank, Bernd

Klavierimprovisation

Liedbegleitung vom Choral bis zum Popsong, Band 1: Lied und Choral von der Antike bis zur Gegenwart/Band 2: Internationale Folklore und Rock/Pop/ Jazzsong

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2007
erschienen in: üben & musizieren 3/2008 , Seite 62

Improvisieren heißt, über einen Gegenstand unvermittelt produktiv werden, so ist bei Goethe/Eckermann zu lesen. Hier ist der Gegenstand das Lied, an das die Improvisation gebunden ist. Unvermittelt produktiv werden lässt uns der Professor für schulpraktisches Klavierspiel, Klavierimprovisation und Jazz nicht, sondern er führt uns auf einem langen Weg durch Stile und Epochen der Musikgeschichte.
Band 1 behandelt nicht nur die historischen Vorläufer, sondern enthält viele inhaltliche Voraussetzungen für den zweiten: Struktur und Begleittechniken von internationaler Folklore und von Songs basieren auf melodischen, harmonischen und formalen Merkmalen der europäischen Kunstmusik. Es sei auch möglich, nur mit einem Band zu arbeiten, so ist zu lesen. Vermutlich wird der aktuellere zweite häufiger benutzt werden.
Sehr klar und übersichtlich sind anfangs die theoretischen Grundlagen und Vorgehensweisen beschrieben. Es folgt im ersten eine Darstellung der Geschichte des Liedes, im zweiten Band die der Entwicklung des heute populären Songs. Anhand von Beispielen aus der Kunstmusik werden Stilmerkmale definiert, auf denen Spielanleitungen aufbauen. Dabei sind Thematiken wie Modi, Gregorianik mit Choralnotation, Kontrapunkt-, Harmonie- und Generalbasslehre mehr oder weniger vertieft in Band 1 behandelt. In Band 2 sind in einführenden Erklärungen die Basistypen der Akkorde, ihre Symbole, Voicings, Stilwelten etc. vorgestellt. Der Autor verweist hier auf seine umfangreiche Sammlung Rhythm Styles for Piano (zwei Bände mit CD).
Die praktischen Teile beider Bände sind methodisch-didaktisch professionell aufbereitet. Geboten wird ein Arsenal von Anregungen, Beispielen und Übungen. Hinzu kommen 75 im ersten und 60 Aufgaben im zweiten Band, zu denen Lösungen im Anhang zu finden sind. Die Anleitungen umspannen alle Schwierigkeitsgrade.
Die Lehrgänge richten sich an konzertierende PianistInnen, Klavierstudierende, Schul- und Kirchenmusiker, also auch an bereits erfahrene Begleiter, für die sie Nachschlagewerk, Ideengeber und Repetitorium sein können; sie richten sich vor allem aber an alle, die bisher nur nach Noten gespielt haben. Zurecht fordert Frank improvisierte Liedbegleitung als festen Bestandteil im Klavierunterricht. Dafür gibt es Schulen, die auf niedriger Stufe ansetzen.
Bernd Frank hat ein umfassendes, hervorragendes Schulwerk vorgelegt. Exemplarisches Lernen ist ein Prinzip dieser Arbeit. Einzelbeispiele sind so zu erarbeiten, „dass Typisches und Generalisierbares mit hohem Transferwert erkennbar wird“. Durch Analysen und Erklärungen sollen die Lesenden zu wissenden Musikern erzogen werden. Auch und gerade außerhalb von Franks Fachgebieten ist seinem Werk eine weite Verbreitung zu wünschen.
Reinhold Schmidt