Bacsalmasi, Katharina / Antje Beyer / Wolfgang Peter

INKA – Das Instrumentenkarussell

Orientierungsjahr für Kinder. Instrumente ausprobieren, singen, spielen und vieles mehr, Lehrerband, mit CD/Schülerband

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Conbrio/Hug, Zürich 2007
erschienen in: üben & musizieren 1/2008 , Seite 58

Was noch Ende des vergangenen Jahrhunderts als Vision im Konzept „Musikschule 2000“ projektiert wurde, ist inzwischen an den meisten Musikschulen zum Alltagsgeschäft geworden. „Kernbereich“ und „Projektbereich“ sind keine unbekannten Größen mehr und die Kooperation mit den allgemein bildenden Schulen wird immer mehr zur Selbstverständlichkeit. Dabei ergeben sich individuelle Lösungen der einzelnen Musikschulen vor Ort, die nur schwer in ein Gesamtraster passen. So stellt auch die vorliegende Veröffentlichung ein Muster dar, das an der Musikschule Herrenberg seit 1999 ausprobiert, durchgeführt und konzeptionell festgehalten wurde. Ausdrücklich vermerkt das Autoren-Team die Offenheit dieser Unterrichtsanregungen und organisatorischen Hilfen.
Schnell wird man erkennen, dass in der Tat, wie es im Vorwort heißt, der Schwerpunkt auf der Instrumentenkunde liegt; Singen, Bewegung und allgemeine musiktheoretische Grundlagen stehen eher am Rande. Schüler- wie Lehrerband beschäftigen sich daher ausführlich mit Bauart, Tonerzeugung und Spielweise der im Rahmen des Angebots vorhandenen Instrumente: Akkordeon, Klavier (Keyboard), Block- und Querflöte, Holzblas, Blechblas-, Streich-, Zupf- und Schlaginstrumente.
Zugrunde liegen Sequenzen von je drei Unterrichtsstunden für den instrumentalen Teil mit je drei SchülerInnen pro Gruppe. Die genaue Struktur des Unterrichtsablaufs wird zu Beginn des Lehrerbandes in einer Übersicht anschaulich dargestellt und wird all denen, die sich in Planung eines derartigen Unterrichtsmodells befinden, eine große Hilfe sein.
Bei allem Ernst instrumentenkundlicher Ausführlichkeit und Genauigkeit (bis hin zum Erläutern der Funktion des menschlichen Stimmorgans) kann das Konzept aber bei der Konkretisierung der Einzelstunden eine „Kopflastigkeit“ nicht verleugnen. Das wird auch an der CD deutlich, die eher trocken ausgefallen ist und u. a. die Frage aufwirft, warum die meisten Instrumente solistisch erklingen und bei Harfe, Horn und Marimbafon plötzlich eine Einbettung in Ensemble- bzw. Orchesterklang gewählt wurde. Die Einspielungen der Mitmach-Lieder am Ende sind auf Kindergeburtstags-Niveau.
Im Anschluss an eine alle Sinne ansprechende Musikalische Früherziehung wird bei dieser Form der instrumentalen Orientierung eine zu große Menge an kognitivem Wissen ausgebreitet, die angesichts der Fülle der hier angebotenen Palette eher zu einer Auslöschung der jeweiligen Eindrücke im Laufe eines Jahres führen dürfte. Ganz zu schweigen von der Notwendigkeit der Binnendifferenzierung in kleinen Unterrichtsgruppen. Beim Unterricht im Bereich der Grundschule dürfte dieses Problem besonders evident werden. Ob da noch Platz für „eigene Ideen und Erfahrungen“ der LehrerInnen bleibt, wie es im Vorwort angekündigt wird? Vielleicht ist ja in Herrenberg noch eine heile Welt, aber die Fähigkeiten, die z. B. allein im Umgang mit der Rhythmussprache unterstellt werden (vgl. Seite 7 des Lehrerbandes), müssen bei Kindern dieser Altersstufe erst mühsam entwickelt werden und bedürften wesentlich umfangreicherer Zeiteinheiten, als dieses Konzept zulässt.
Es muss daher bezweifelt werden, ob die Multifunktionalität für alle Schulformen und den internen Musikschulbereich, die ebenfalls im Vorwort behauptet wird, den bundesdeutschen Realitäten in puncto Musikerziehung entspricht. Eine gute Botschaft bleibt aber die Erarbeitung derartiger Konzepte im Team. Denn wie auch immer das Konzept aussieht, hier haben musikpädagogische „Einzelkämpfer“ nichts zu suchen.
Thomas Holland-Moritz