Ernst, Anselm

Was ist guter Instrumentalunterricht?

Beispiele und Anregungen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Nepomuk, Aarau 2007
erschienen in: üben & musizieren 6/2007 , Seite 57

In Zeiten von PISA, in denen Leistungsstandards und neue Bildungsimpulse gefordert werden, liegt die Frage, was guter Unterricht sei, auf der Hand. Anselm Ernst stellt für den Instrumentalunterricht Beispiele und Anregungen aus der Erfahrung der eigenen Lehre zusammen, die Ingredienzien eines guten Unterrichts beschreiben. Damit wird noch kein Gesamtkonzept einer neuen Instrumentaldidaktik vorgelegt, doch arbeitet der Verfasser wichtige Bausteine dazu aus.
In acht Kapiteln werden Fragen der pädagogischen Professionalität (Kapitel 1) und Aspekte des Gruppen- und Klassenunterrichts (Kapitel 2 und 3) erörtert, um dann wichtige Elemente des Instrumentalunterrichts wie die Entwicklung der musikalischen Lesekompetenz (Kapitel 4), die Beurteilung von Unterrichtswerken (Kapitel 5) und die Didaktik des Übens (Kapitel 6 und 7) zu beleuchten, wobei die beiden Letzteren eine Erweiterung des entsprechenden Kapitels aus dem Handbuch Üben (Wiesbaden 2006) darstellen. Im achten Kapitel wird dann die zentrale Frage nach dem guten Unterricht aufgegriffen und mit einem Merkmalskatalog und Anregungen für die Praxis beantwortet. Zahlreiche Materialien zur Unterrichtsbeobachtung und -evaluation, verschiedene Kopiervorlagen und Checklisten sowie ein Literaturverzeichnis runden den nützlichen Ratgeber ab.
Instrumentallehrkräfte können dem Band viele praktische Anregungen, Tipps und Hilfen entnehmen. Praxisberichte und Interviews machen ihn gut lesbar und anschaulich. Natürlich schlagen sich auch bildungspolitische Entwicklungen nieder, wenn als eine der wichtigsten Herausforderungen der instrumentale Klassenunterricht an allgemein bildenden Schulen genannt wird; denn hier tun sich für die Instrumentalpädagogik der Zukunft neue Arbeitsfelder in der Kooperation von Schule und Musikschule auf.
Insgesamt stellt Ernst seine persönlichen Erfahrungen und Ansichten vor, die in systematischer Form zusammengefasst werden. Dabei kommt aber eine wissenschaftliche Begründung der geäußerten Behauptungen (z. B. „Lerngruppen sind in der Regel dem Lernen einzelner überlegen“, Seite 51) oder eine empirisch gestützte Didaktik des Übens zu kurz. Die aufgelisteten Hinweise und Anregungen sind sicher richtig und beherzigenswert, doch bleiben sie als handlungsleitende Anweisungen für instrumentales musikalisches Lernen zu allgemein. Auch die Einführung neuer Begriffe der Methodik ist nicht theoretisch abgesichert. Insofern bleiben die Anregungen zwar nützlich, bleiben aber hinter dem Anspruch eines „evidence based learning“ zurück.
Schließlich sei noch eine formale Auffälligkeit erwähnt: die ungewöhnliche und in sich uneinheitliche Zitierweise von Publikationen im Text, die weder dem geisteswissenschaftlichen noch dem sozial- und naturwissenschaftlichen Standard entspricht.
Wilfried Gruhn