Sund, Robert (Hg.)

Gentlemen Only

22 Unique Arrangements for Men's Choir

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2017
erschienen in: üben & musizieren 1/2018 , Seite 52

Was waren das noch für Zeiten, als Männerchöre ganz wesentlich die Gesangskultur in Deutschland bestimmten: wackere Tenöre und wohltönende Bässe fanden sich in Nebenzimmern von Gasthöfen zusammen, probten traditionelles, oft wertkonservatives Liedgut in einfachen Sätzen und frönten der Geselligkeit. Oft genug stand das Bierglas schon während der Probe unter dem Stuhl und in den Pausen wurden Zigarren geraucht – im Probensaal natürlich.
Diese sehr eigene Welt des 19. Jahrhunderts mit Vereinssatzung, Vorstand und Fahne, mit Namen wie Eintracht, Liederkranz oder Concordia, mit Laiensängern, die voller Inbrunst Sätze von Zelter und Silcher schmetterten – diese sehr eigene Welt konnten noch nicht einmal die gravierenden Verluste und verheerenden Einwirkungen zweier Weltkriege im Kern wirklich treffen. Erst der Geist der „68er“ mit den kulturästhetischen Paradigmenwechseln, vor allem aber das demografisch bedingte Problem des Mangels an jungen, sangeswilligen Nachwuchssängern führte spätestens gegen Ende des 20. Jahrhunderts zu einer tiefgreifenden Krise, die noch längst nicht überwunden scheint.
Umso erfreulicher nun, dass sich ein renommierter Verlag wie Schott in Mainz genau dieses Genres annimmt und Liederbücher für Männerchöre herausgibt, die man – um es vorweg­zunehmen – ohne Abstriche als echte Bereicherung für die Männerchorszene mit Nachdruck empfehlen kann.
Einen eigenen Ansatz bietet ein Kranz von 22 Arrangements des Schweden Robert Sund unter dem Titel “Gentlemen Only”. Sund unternimmt synchrone Reisen durch verschiedene Länder, Stile und Besetzungen. Herausgekommen ist ein faszinierendes Kompendium an gekonnten und höchst apart klingenden, wenngleich nicht immer ganz leicht auszuführenden Arrangements – a cappella oder mit Klavier, mal mit Klarinette oder mit Solostimme, in reduzierter Besetzung oder aufgebläht bis zur Achtstimmigkeit.
Diese Reise der Besetzungs­varianz verknüpft der erfahrene Chormann Sund mit Ausflügen in verschiedene Stile und Genres: von Beethovens “Elise” über Mozarts “Vogelfänger” bis zu Brahms’ Ungarischem Tanz Nr. 5; von den Beatles bis Edith Piaf oder von Gospels bis hin zu jazzbetonten Einrichtungen. Dabei entpuppt sich jede Bearbeitung als wahrhaft einzigartig, sodass ein Konzertabend mit einer Auswahl dieser Neuausgabe gar nicht langweilig werden kann. Sunds Bearbeitungen sind derart grandios gemacht, dass man sofort loslegen möchte.
Dass Layout und Druck bei einem Verlag wie Schott zu keinerlei Beanstandungen Anlass geben, versteht sich von selbst. ­Alle drei Bände wurden von Julia Gerber so gründlich lektoriert, dass man beim besten Willen keine Ungereimtheiten oder gar Fehler zu entdecken vermag. ­Also: Mit diesen Neuausgaben kann Männerchor wieder richtig Spaß machen!
Thomas Krämer