Kreisler, Georg

Lieder und Chansons

in Bearbeitungen für ­Männerchor und Klavier, hg. von Bernhard Hofmann und Christian M. Schmidt

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2017
erschienen in: üben & musizieren 1/2018 , Seite 52

Was waren das noch für Zeiten, als Männerchöre ganz wesentlich die Gesangskultur in Deutschland bestimmten: wackere Tenöre und wohltönende Bässe fanden sich in Nebenzimmern von Gasthöfen zusammen, probten traditionelles, oft wertkonservatives Liedgut in einfachen Sätzen und frönten der Geselligkeit. Oft genug stand das Bierglas schon während der Probe unter dem Stuhl und in den Pausen wurden Zigarren geraucht – im Probensaal natürlich.
Diese sehr eigene Welt des 19. Jahrhunderts mit Vereinssatzung, Vorstand und Fahne, mit Namen wie Eintracht, Liederkranz oder Concordia, mit Laiensängern, die voller Inbrunst Sätze von Zelter und Silcher schmetterten – diese sehr eigene Welt konnten noch nicht einmal die gravierenden Verluste und verheerenden Einwirkungen zweier Weltkriege im Kern wirklich treffen. Erst der Geist der „68er“ mit den kulturästhetischen Paradigmenwechseln, vor allem aber das demografisch bedingte Problem des Mangels an jungen, sangeswilligen Nachwuchssängern führte spätestens gegen Ende des 20. Jahrhunderts zu einer tiefgreifenden Krise, die noch längst nicht überwunden scheint.
Umso erfreulicher nun, dass sich ein renommierter Verlag wie Schott in Mainz genau dieses Genres annimmt und Liederbücher für Männerchöre herausgibt, die man – um es vorweg­zunehmen – ohne Abstriche als echte Bereicherung für die Männerchorszene mit Nachdruck empfehlen kann. Von den vorliegenden Neuausgaben entpuppen sich die Lieder und Chansons nach Georg Kreisler als anspruchsvoll. Die Herausgeber Bernhard Hofmann und Christian M. Schmidt haben sich als Vorbild die Einspielungen des Ensembles Die Singphoniker vorgenommen und diese für die traditionelle vierstimmi­ge Männerchorbesetzung umgeschrieben. Da ist der Probenaufwand schon sehr viel größer, es sollte mit Wiener Schmäh’ agiert werden und für die ambitionierten Klavierbegleitungen bedarf es wohl eines professionellen Pianisten. Und im Rahmen der Kreislerlieder müssen die armen Tenorkollegen öfter den Spitzenton c” erklimmen. Dennoch: Männerchöre mit ein wenig Faible für den Singstil der Comedian Harmonists werden ihre reine Freude an diesen sieben Einrichtungen als Hommage an Georg Kreisler haben.
Dass Layout und Druck bei einem Verlag wie Schott zu keinerlei Beanstandungen Anlass geben, versteht sich von selbst. ­Alle drei Bände wurden von Julia Gerber so gründlich lektoriert, dass man beim besten Willen keine Ungereimtheiten oder gar Fehler zu entdecken vermag. ­Also: Mit diesen Neuausgaben kann Männerchor wieder richtig Spaß machen!
Thomas Krämer