Herbst, Sebastian

Musikpädagogische „Allrounder“?

Kommentar

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 5/2017 , musikschule )) DIREKT, Seite 01

Mit dem Ziel, Studierende zu befähigen, „musikpädagogisch flexibel und offen auf die Dynamik musikbezogener und gesellschaftlicher Ver­änderungsprozesse in unterschiedlichen Anwendungssituationen zu reagieren“, bietet die katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt den neuen Masterstudiengang „Inklusive Musikpäda­gogik/Community Music“ als Weiter­bildungsstudiengang an. Studierende sollen Kompetenzen in ­„wissenschaftlich-theoretischen, pädagogisch-didaktischen, berufsprak­tischen und persönlichkeitsbezogenen Kompetenzfeldern“ erwerben und vertiefen. Ein Schwerpunkt ist vor allem die Befähigung zur Anleitung voraussetzungsloser Musizierprozesse in heterogenen Gruppen.

Interessant ist, dass sich der Studiengang an eine äußerst heterogene ­Zielgruppe richtet, zu denen Studierende mit einem Abschluss in Musik-Lehramtsstudiengängen, künstlerischer Praxis, IGP, Musikvermittlung, Musikwissenschaft und Musiktherapie ebenso gehören wie AbsolventInnen in Kulturvermittlung, Pädagogik, Soziale Arbeit, Sonderpädagogik oder Sozialpädagogik. Auch wenn zur Aufnahme des Studiengangs eine Eignungsprüfung zu bestehen ist, so bleiben doch die Anforderungen vor allem im Bereich künstlerischer Präsentation vage: In ca. zehn Minuten tragen die BewerberInnen „instrumental und/oder vokal zwei stilistisch unterschiedliche Musikstücke vor, die ihren individuellen Leistungsstand bestmöglich abbilden“. Wer kein Instrument spielt oder singt, kann auch eine künstlerische Präsentation aus dem Bereich Tanz/Bewegung vortragen.

Welche künstlerischen Fertigkeiten benötigen die BewerberInnen nun, um den Studiengang erfolgreich beginnen und absolvieren zu können? Nach erfolgreichem Abschluss des Masterstudiengangs jedenfalls sollen die AbsolventInnen gleichermaßen für die Arbeit in schulischen und jeg­lichen außerschulischen Domänen befähigt sein. Diese verschiedenen Musiziersituationen unterliegen jedoch unterschiedlichen Rahmenbedingungen und vor allem auch unterschiedlichen Zielsetzungen.

Zudem ist es ein politisch ungünstiges Statement, wenn ein Weiterbildungs­studiengang meint, auch AbsolventInnen nichtmusikbezogener Studiengänge in zwei Jahren durch eine Art Fortbildung für Fachfremde zur Initiation, Reflexion und Evaluation komplexer Musizierprozesse in Schule und Musikschule befähigen zu können. Sollte dies nicht zur Expertise der Studiengänge IGP, EMP sowie Lehramt Musik gehören?

Wäre es nicht sinnvoller, auf deren Expertise zu bauen und die Ansätze und Konzepte von Musizierprozessen in inklusiven Kontexten stärker in die bereits ­existierenden Studiengänge zu implementieren, als auf einen musik­pädagogischen „Allrounder“ zu setzen?