Bund, Basti / Michael Sommer

Und nachts die Freiheit

Auf der Schulbank mit Friedrich Schiller. Singspiel für ein- bis zweistimmigen Kinderchor, Sprechrollen, zwei Violinen, Viola, Violoncello, Flöte, Glockenspiel und Klavier, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Carus, Stuttgart 2017
erschienen in: üben & musizieren 1/2019 , Seite 60

Was wäre, wenn man plötzlich auf Friedrich Schiller träfe, mit ihm sprechen, essen und lachen könnte? So geschieht es dem elfjährigen Karl im Singspiel Und nachts die Freiheit. Karl hat gerade mit mäßigem Erfolg die vierte Klasse beendet und hätte eigentlich Sommerferien – wenn seine Eltern ihn nicht zu einem Holiday-Power-Kurs verdonnert hätten. Frustriert angesichts dieser düsteren Sommerferienaussichten verzieht sich Karl am Abend in den Wald, wo er auf Fritz trifft, der selbst seinem Schulleben entflohen ist. In der Hohen Karlsschule lernt Karl die Freunde von Fritz kennen: eine Gruppe heranwachsender Schüler, die in der Nacht auf den Schlaf verzichten, um zu dichten oder zu lesen, und auf diese Weise ihre Freiheit leben. Durch mysteriöse Umstände ist Karl im Jahr 1773 gelandet und erlebt eine Nacht des Atemholens vom Alltag gemeinsam mit Fritz alias Friedrich Schiller.
In Basti Bunds und Michael Som­mers Werk geht es darum, dem Druck zu entfliehen, der damals wie heute das Leben vieler Kinder und Jugendlichen prägt(e). Während damals aus Heranwach­senden gehorsame Untertanen geformt werden sollten, bestimmt heute der Gedanke nach immer mehr Optimierung die Tage vieler Kinder mit Frühförderungs-Sprachkursen oder Logopädiestunden.
Basti Bund und Michael Sommer schufen mit Und nachts die Freiheit eine wunderbare Hommage an Kameradschaft, Leidenschaft und Freiheit. Die Landesakademie für die musizierende Jugend Baden-Württemberg gab für das Akademiejubiläum im Jahr 2016 den Auftrag zu diesem Werk.
„Was bleibt von den Jahren, ist, Freundschaft erfahren, gemeinsames Lachen und Nächte Durch­wachen, Gedichte zu schreiben und Freunde zu bleiben, Theater zu spielen und Freiheit zu fühlen!“ Mit Zeilen wie diesen fühlt sich das Publikum erinnert an Erich Kästners Fliegendes Klassenzimmer. Librettist Michael Sommer transportiert mit seinem Text einen ganz eigenen Zauber: „Zu tanzen, zu singen und in allen Dingen das Wir und die Seele zum Leuchten zu bringen! Wir wachsen nach oben, zur Freiheit, zum Licht!“
Auch die Musik ist einfach bezaubernd. Basti Bund entführt mit seiner Komposition die HörerInnen in die Welt von „Amélie“ und „Monsieur Mathieu“. Die Melodien sind eingängig und die Harmonien feinfühlig und klingen im Ohr der ZuhörerInnen nach. Die Komposition ist für geübte MusikerInnen gut spielbar. Auch die Besetzungsvorschläge sind gut umzusetzen: für die Vokalbesetzung sind ein ein- bis zwei­stimmiger Kinder- und Jugendchor und einige Sprechrollen vorgesehen und die instrumentale Ausführung kann als Klavier-Fassung, als Ensemble-Fassung in der Besetzung für Streichquartett, Querflöte, Glockenspiel und Klavier oder sogar als Playback-Fassung stattfinden.
Patricia Tafel