Behschnitt, Rüdiger

Zu Gast bei Freunden

Überlebenstipps für den Unterrichtsalltag: Wie Sie aus ­katastrophalen äußeren Bedingungen das Beste herausholen

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 1/2019 , musikschule )) DIREKT, Seite 05

„Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur unpassende Kleidung“ – wie in jedem Sprichwort und jeder Rede­wendung liegt auch in diesem Spruch eine Lebensweisheit: Es kommt auf die innere Einstellung an.

Vorab: Die beiden hier wiedergegebenen Fotos sind nicht gestellt und kein Fake, sondern Abbild des Unterrichtsraums, wie er des Öfteren von einem unserer Autoren an einer allgemeinbildenden Schule vorgefunden wird. Dort soll – eigentlich – Inst­rumentalunterricht stattfinden.
Doch mit Jammern ist jetzt Schluss! Ganz im Sinne der Impact-Pädagogik nehmen wir die Impulse auf, die höhere Mächte uns in den Unterrichtsraum gestellt haben, und integrieren sie positiv in das Unterrichtsgeschehen.

Tipp 1: Paper Music

Josef Anton Riedls Paper Music lässt sich mit den vorgefundenen Objekten – Klopapier, Papierhandtücher und Packpapier – zumindest ansatzweise umsetzen. Je nach Be­schaffenheit des Klopapiers – vermutlich eher hartes Umweltschutzpapier, wie es in Schulen im Allgemeinen verwendet wird – ist der Geräuschfaktor beim Zerknüllen oder Zerreißen besser oder schlechter. Als Inspiration mag eine Aufführung von Riedls Paper Music 2 am Copenhagen International Theater 1996 dienen, die auf YouTube dokumentiert ist.1 Gut zu sehen, dass auch die Klorollen, nachdem sämtliches Papier abgewickelt und im Raum verteilt wurde, als „Sprachrohr“ verwendet werden können. Bevor Pappkartons – wie im rechten Bild – geworfen werden, sollte man sich über deren Inhalt im Klaren sein. Ob man nach der Ausführung der Komposition den Raum wieder in den Ausgangszustand versetzt oder als Rauminstallation stehen lässt, ist eine rein künstlerische Entscheidung. Im Übrigen gilt wie bei jeder Interpretation eines musikalischen Werks, dass auch dieses – nur scheinbar leichte – Stück zeitgenössischer Musik einer großen Ernsthaftigkeit in der Umsetzung bedarf, um ein angemessenes künstlerisches Ergebnis zu gewährleisten!

Tipp 2: Musik mit Schlagwerk

Während Josef Anton Riedls Paper Music auch mit AnfängerInnen bereits angegangen werden kann, erfordert der Einbezug eines „Kochtopf-Xylofons“, wie es z. B. Nor­bert Sell auf YouTube virtuos präsentiert,2 deutlich fortgeschrittenere SchülerInnen. Sollten eines Tages auch (Saft- oder Wein-) Gläser im Angebot sein – auf den vorliegenden Fotos noch nicht zu erkennen –, ist auch an die Verwendung einer Glasharfe zu denken. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
Das Stichwort „Stomp“ führt uns zu einer weiteren Idee, die sich besonders für die Kleingruppe eignet. Mit Bodypercussion, Plastikbechern und eventuell weiteren Putz­utensilien (Handfeger, Fensterabzieher etc.) können rhythmisch hochkomplexe Werke einstudiert werden, die bei entsprechender Exaktheit in der Ausführung zu hörenswerten Ergebnissen führen, wie eine Grup­pe von SchülerInnen auf YouTube zeigt.3

Tipp 3: Öffentliche Aufführung

Das Wichtigste zum Schluss: Nach erfolgreicher Einstudierung laden Sie die Lehrkräfte und vor allem die Schulleitung zum Werkstattkonzert. Präsentieren Sie Ihre Er­gebnisse in der Arbeitsatmosphäre, in der sie entstanden sind. Wenn Sie auch die Eltern mit einbeziehen wollen, erläutern Sie beim nächsten Schulkonzert, wie die Stücke entstanden sind und wie Sie sich dabei gefühlt haben: zu Gast bei Freunden…

1 www.youtube.com/watch?v=yAUwnymL9p8
2 www.youtube.com/watch?v=f1nLsnCaHDI
3 www.youtube.com/watch?v=WaCqZMySvX8