Herbst, Sebastian

Bedarf an musikpädagogischem Nachwuchs

Kommentar

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 3/2019 , musikschule )) DIREKT, Seite 01

Die allgemeinbildenden Schulen sind wichtige Kooperationspartnerinnen von Musikschulen. Wie sicher einige Kolleginnen und Kollegen bei der (Tandem-)Arbeit an einer Kooperationsschule feststellen konnten, fehlen dort häufig Fachkräfte für den Musikunterricht. Fachfremder Musikunterricht, die Einstellung von Musikstudierenden als Vertretungslehrkräfte und nicht zuletzt auch ein besonders starker Einbezug von Praktikantinnen und Praktikanten in der Lehre sind nicht ungewöhnlich.

Eine Online-Umfrage, die die Bertelsmann Stiftung im September 2018 zu­sammen mit dem Bundesverband Musikunterricht durchführte, bestätigt dieses Bild. Von insgesamt 228 befragten Lehrerinnen und Lehrern geben 33% der Gymnasiallehrkräfte an, dass an ihrer Schule Lehrende im Fach Musik eingesetzt werden, die kein Lehramtsstudium (inklusive Referendariat) absolviert haben. Von den Lehrenden an Haupt-, Real-, Gesamt- und Sekundarschulen geben dies 77% an und bei den befragten Lehrenden an Grundschulen gar 81%.

Die Entwicklung, Durchführung und Evaluation intensiver Weiterbildungsformate zur qualitätsvollen Weiterqualifizierung von MusikerInnen, MusikpädagogInnen und LehrerInnen müsste demnach im dringenden staatlichen Interesse liegen, um vorübergehend dem aktuellen Bedarf an MusiklehrerInnen sinnvoller gerecht zu werden, als fachfremden Unterricht zu erteilen. Betrachtet man jedoch die finanziellen Aufwendungen des Staats für Weiterbildungen, ist das zweifelhaft. Zwischen 1995 und 2015 ist hier ein Rückgang um 43,3% zu verzeichnen, wie eine weitere Studie der Bertelsmann Stiftung von 2019 darlegt. Nur ca. 6,3 Milliarden Euro von rund 26,9 Milliarden Euro, die 2015 in Deutschland für Weiterbildungen investiert wurden, hat die öffentliche Hand getragen. Die restlichen 20,6 Milliarden Euro wurden demnach durch Betriebe oder durch TeilnehmerInnen selbst finanziert. Wie viel von diesen 6,3 Milliarden Euro wohl in die Weiterbildung von (Musik-)LehrerInnen investiert wurde?

Selbstverständlich darf dabei aber nicht in Vergessenheit geraten, dass es vor allem die Aufgabe von Musikhochschulen und Universitäten ist, attraktive grundständige Studiengänge für die Musiklehrerausbildung anzubieten. In Anbetracht des Fachkräftemangels und der zu geringen Studierendenzahlen (insbesondere im Lehramt Grundschule) ist es daher umso wichtiger, dass Schule, Musikschule, Hochschule/Universität und Verbände die Nach­wuchsförderung als gemeinsame Aufgabe verstehen und intensiv betreiben.