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Herbst, Sebastian

APPstrumental

Sebastian von Düring-Weckler im Gespräch über den „APPstrumente-Unterricht“ an der „MYOUSIC School“ Hamburg

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 4/2019 , musikschule )) DIREKT, Seite 02

Lieber Herr von Düring-Weckler, auf der Webseite Ihrer „MYOUSIC School“ kann man ein interessantes neues Angebot ent­decken: den sogenannten „APPstrumente-Unterricht“. Was können wir uns darunter vorstellen und was ist die Idee vom „APPstrumente-Unterricht“?
Wir alle besitzen Smartphones und verbringen immer mehr Zeit mit ihnen, oft auch einfach zum Zeitvertreib. Allerdings gibt es mittlerweile großartige Möglichkeiten, sich konstruktiv und kreativ mit Apps auf dem Smartphone zu beschäftigen und eine Menge Spaß zu haben. Gleichzeitig möchten sich immer mehr Menschen kreativ mit Musik beschäftigen und ausdrücken, ohne die Zeit zu investieren, ein Instrument zu lernen oder sich das Produzieren von eigener Musik auf dem Computer anzueignen. Genau hier setzt unser „APPstrumente-Unterricht“ an.
Zum „APPstrumente-Unterricht“ bringen unsere Schülerinnen und Schüler ihr Smartphone mit, auf dem sie zu Beginn der Stunde (oder vorher) die entsprechende App installieren. Mindestens drei Teil­nehmer braucht ein APPstrumente-Kurs. Nachdem sie sich über ein lokales Netzwerk miteinander verbunden haben, übernimmt jeder einen Musik-/Beat-Bereich. Unter der Anleitung eines erfahrenen Musiklehrers der MYOUSIC School wird nun gemeinsam live ein Track arrangiert, ausgearbeitet und verfeinert, zum Beispiel mit Filtereffekten oder Ähnlichem.
Der Spaß besteht darin, alles im „Live“-Betrieb zu tun und nicht vorher üben zu müssen oder sich durch nötige Theorie zu arbeiten. Alles, was unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer wissen müssen, lernen sie nebenbei, während der Track läuft – es wird immer weiter ausgearbeitet.

Welche Zielgruppe möchten Sie mit dem „APPstrumente-Unterricht“ ansprechen? Gibt es eine Altersbegrenzung? Und inwiefern können Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „APPstrumente-Unterrichts“ zuhause auch ohne die Gruppe weiterarbeiten?
Unser „APPstrumente-Unterricht“ richtet sich vor allem an Musikbegeisterte, die elektronische Musik mögen und (noch) kein Instrument spielen. Für alle, die bereits ein Instrument spielen und Spaß am kreativen erschaffen elektronischer Musik in einer Gemeinschaft haben, ist dieser Unterricht ganz sicher auch ein Highlight. Wichtig ist, dass keine Vorkenntnisse nötig sind. Grundsätzlich gibt es bei unserem „APPstrumente-Unterricht“ keine Altersbeschränkungen. Erfahrungsgemäß spricht dieser Unterricht allerdings eine Klientel zwischen 15 und 35 Jahren an.
Der Unterricht ist als Gruppenunterricht angelegt, da wir den Aspekt des Gemeinsam-kreativ-Seins in den Vordergrund stel­len wollen. Im Fokus steht nicht das Lernen, wie man die Apps bedient, sondern der Spaßfaktor, zusammen mit anderen etwas zu erschaffen. Die Apps sind aber im Grunde alle so ausgelegt, dass man natürlich auch alleine mit viel Spaß kreativ sein kann.

Gerne möchte ich Ihr eingeklammertes „noch“ aufgreifen: Ist der „APPstrumente-Unterricht“ als Einstieg in die Musikschule und als Auftakt für das Erlernen eines anderen Instruments konzipiert? Über welchen Zeitraum sollte der Unterricht idealerweise besucht werden?
Der „APPstrumente-Unterricht“ ist eigentlich nicht als Einstieg in ein „richtiges“ Ins­t­rument gedacht. Allerdings ist er eine tolle Möglichkeit, die eigene musikalische Krea­tivität zu entdecken. Für Menschen, die Interesse daran haben, sich intensiver mit dem Musikmachen auseinanderzusetzen oder durch den „APPstrumente-Unterricht“ neugierig geworden sind, bietet dieser Unterricht ganz bestimmt einen schönen Einstieg.
Der „APPstrumente-Unterricht“ ist so angelegt, dass Schüler schon nach einer Unterrichtseinheit in der Lage sind, das im Unterricht Erlernte auch alleine oder mit Freunden umzusetzen. Man könnte also eher von einem „APPstrumente-Workshop“ als von kontinuierlichem Unterricht sprechen. Wir bieten den „APPstrumente-Unterricht“ als einmalig buchbaren Termin an. Bei denjenigen Schülern, die öfters kommen, steht in der Regel der Spaß im Vordergrund. Ein wichtiger Faktor bei unserem „APPstrumente-Unterricht“ ist ja das gemeinsame Musikmachen und Kreativsein. Aus unserer Erfahrung ist es genau das, was unsere Schülerinnen und Schüler am Spielen eines Instruments so motiviert: Das Zusammenspielen mit anderen! Diesen Spaß wollen wir mit dem „APPstrumente-Unterricht“ vermitteln.

Welche Kompetenzen erwerben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „APPstrument-Unterrichts“?
Sie bekommen einen Überblick über die Funktionsweisen der Apps und lernen, diese zu bedienen. Viele Teilnehmer, die vorher noch nie ein Instrument gespielt haben, wissen viele Dinge nicht, die für uns oft schon fast selbstverständlich sind, z. B. wie man zu Musik zählt, was ein 4/4-Takt ist und wie gängige Songabläufe aufgebaut sind. Alleine diese Grundlagen sind für viele schon große Aha-Erlebnisse. Sie schaffen einen musikalischen Überblick und ein erweitertes Verständnis für Songs und deren Aufbau.

Was brauchen Lehrkräfte Ihrer Meinung nach, um gute APPstrumental-Lehrende zu sein?
Zunächst sollte der Lehrer Erfahrungen im Gruppenunterricht haben. Er sollte sich mit Musiksoftware auskennen und eine Affinität zu neuen Technologien, Musik-Software und Smartphones haben. Erfahrungen im Bandtraining sind ebenso sinnvoll wie die Fähigkeit, über sein Instrument hinaus auch die Basics anderer Inst­rumente zu vermitteln, um beispielsweise Beats selbst kreieren zu können. Der Lehrer sollte erfahren im Komponieren und Arrangieren sein und sich möglichst auch mit Sounddesign auskennen. Nach meiner Erfahrung eignen sich Keyboarder und Produzenten elektronischer Musik besonders gut, um diese Anforderungen zu erfüllen.

Steht beim „APPstrumente-Unterricht“ ein bestimmtes Genre im Vordergrund?
Nicht als Konzept, allerdings ergeben sich bei bestimmten Stilistiken wie House oder Chillout meist die größten Überschneidungen, was den Geschmack der Teilnehmer angeht. Grundsätzlich richten wir uns nach den Geschmäckern unserer Schüler.

Welche Apps halten Sie für besonders gut geeignet für den „APPstrumente-Unterricht“?
Die Wahl der Apps hängt stark von der Gruppe ab. Grundsätzlich eignen sich alle Apps für unseren Unterricht, die „Ableton link“-fähig sind. Mit diesem Datenstandard ist es möglich, beliebig viele unterschiedliche Apps per WLAN miteinander zu verbinden, damit sie synchron laufen. Die Apps funktionieren mit jedem neueren Smartphone (und iPad) und können ganz einfach aus dem App-Store von Apple oder Google geladen werden.

Gibt es Schülerinnen und Schüler an Ih­rer Musikschule, die den „APPstrumente-Unterricht“ besuchen und ein weiteres Instrument an Ihrer Musikschule erlernen? Ergeben sich daraus Synergien?
Einige unserer Schüler, die bei uns ein Inst­rument lernen, haben auch den „APPstrumente-Unterricht“ besucht. Das Musikmachen mal aus einer anderen Perspektive zu erleben anstatt aus der Sicht des eigenen Instruments hat bei unseren Schülerinnen und Schülern die musikalische Wahrnehmung erweitert. Außerdem ist es für viele Schüler das erste Mal, dass sie sich mit Musiksoftware beschäftigen. Viele dieser Apps lassen sich ja auch wunderbar als Übehilfe nutzen, um mit dem eigenen Instrument dazu zu spielen, eigene Parts oder Riffs aufzunehmen.

Auf der Internetpräsenz Ihrer Musikschule schreiben Sie: „Natürlich wirst du beim APPstrumente-Unterrichte nicht lernen, wie du ein echtes Instrument spielst“. Inwiefern ist das Smartphone in Ihren Augen ein Instrument?
Hui, jetzt wird’s philosophisch. Das Smart­phone ist sicher kein „echtes“ Instrument wie eine Gitarre oder ein Klavier, denn normalerweise braucht man zum Spielen eines Instruments ja spezifische motorische Fähigkeiten, die am Smartphone meist eher keine große Rolle spielen. Wenn man den Begriff aber etwas erweitert und so definiert, dass alles, womit ich mich auf kreative Weise musikalisch ausdrücken kann, als Instrument bezeichnet werden kann, dann ist das Smartphone aus meiner Sicht schon eine Art Instrument.
Wenn ich mir anschaue, was virtuose DJs aus ihren Plattenspielern herauszaubern, würde ich auch einen Plattenspieler als Inst­rument bezeichnen, obwohl er für die meisten Menschen nur ein Abspielgerät ist. Und bevor die Cajón ihren Siegeszug angetreten hat, hätten viele eine Holzkiste sicherlich auch nicht als Instrument bezeichnet.