Rolf, Christian

Von GbR zu GmbH

Rechtsformen: Was ist bei Gründung einer Musikschule zu beachten?

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 4/2015 , musikschule )) DIREKT, Seite 02

Das Marktumfeld für Musikschulen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten sicht­lich verändert. Seit den 1990er Jahren sprießen private Musikschulen buchstäblich wie Pilze aus dem Boden. Neben den 930 kommunalen Musikschulen des renommierten Verbands deutscher Musikschulen (VdM) sind etwa 350 Musikschulen im Bundesverband deutscher Privatmusikschulen (bdpm) organisiert; über die Zahl jener Musikschulen, die keinem Verband zugehörig sind, liegen keine Angaben vor. Des Weiteren erteilen deutschlandweit zahlreiche MusikpädagogInnen Inst­rumentalunterricht, ohne dass die Organisation von einer Musikschule übernommen wird. Viele dieser Lehrkräfte sind im Deutschen Tonkünstlerverband (DTKV) organisiert. Derzeit zählt der DTKV rund 8100 Mitglieder; wie viele davon als MusikpädagogInnen tätig sind, ist momentan nicht bekannt. Ebenfalls liegen keine Zahlen jener Instrumentallehrkräfte vor, die nicht institutionell organisiert sind.

Gesetzliche Voraussetzungen

Wer überlegt, eine Musikschule in privater Trägerschaft zu eröffnen oder eine bereits existierende Musikschule zu übernehmen, sollte sich einen Überblick über die gän­gigen Rechtsformen verschaffen. Der Gesetzgeber stellt jedem, der eine Musikschule eröffnen und betreiben möchte, drei Möglichkeiten zur Verfügung, auf ­deren rechtlicher Basis der Musikschul­betrieb organisiert werden kann. Eine Musikschule kann entweder als Einzelunternehmen, als juristische Person oder als Personengesellschaft geführt werden. Zunächst werden die Besonderheiten dieser drei Rechtsbasen skizziert. Im zweiten Schritt erfolgt die Beschreibung der Rechtsformen im Einzelnen.

Das Einzelunternehmen
Bei Einzelunternehmen gilt als Rechtssubjekt die natürliche Person – dies kann nach § 1 BGB jeder Mensch sein. Für die Führung eines Einzelunternehmens ist ein geringer bürokratischer Aufwand notwendig. Wer einen musikpädagogischen Beruf ausübt, nimmt im Kreis der Unternehmer eine Sonderstellung ein und zählt zu den Freiberuflern. Freiberufler müssen kein Gewerbe anmelden. Somit entfällt auch die Zahlung der Gewerbesteuer. Zudem kann für die Arbeit im Bereich Bildung und Kultur eine Befreiung von der Umsatzsteuer – nach § 4 Nr. 21 a bb) UstG – beantragt werden. Ein wesentliches Merkmal von freien Berufen wird darin begründet, dass die Gewinnerzielungsabsicht nicht primär im Vordergrund steht. Die Arbeit muss zu den wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen oder unterrichtenden Tätigkeiten zählen und dem Gemeinwohl dienen. Zudem müssen Freiberufler über besondere berufliche Kenntnisse verfügen – diese müssen sie allerdings nicht zwingend durch ein Hochschulstu­dium erworben haben.

Die juristische Person
Die juristische Person ist ein Konstrukt, zu dem Organisationsformen wie beispielsweise die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), Vereine oder Stiftungen zählen. Die einzelnen Organisationsformen sind als Rechtssubjekte zu verstehen; die gewählte Organisationsform ist somit Träger von Rechten und Pflichten. Dadurch besteht grundsätzlich keine persönliche Haftung der einzelnen Gesellschafter und/oder Mitglieder. Ein weiterer Unterschied zum Einzelunternehmen besteht darin, dass die Mitglieder eine Definition für die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks fixiert haben. Dieser Zweck ist beispielsweise bei Wirtschaftsunternehmen, einen größtmöglichen Gewinn zu erzielen; hierzu bietet sich die Wahl einer GmbH oder Unternehmergesellschaft (UG) als Geschäftsmodell an. Für die Erreichung gemeinnütziger Ziele wird hingegen der Verein oder die gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) bevorzugt.

Die Personengesellschaft
Die ursprüngliche Form der Personen­gesellschaft ist die BGB-Gesellschaft, als Synonym wird weitläufig der Begriff „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ (GbR) verwendet. Unter den Musikschulen ist in der Praxis häufig der Begriff „Lehrergemeinschaft“ anzutreffen. Personengesellschaften werden von mindestens zwei natürlichen und/oder juristischen Personen geführt. Die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks ist bei Personengesellschaften ebenfalls wie bei Organisationsformen der juristischen Person fixiert. Im Wesentlichen unterscheiden sie sich von der juristischen Person durch die Haftung, da bei Personengesellschaften die Gesellschafter auch persönlich haften. Ausübende im Bereich der freien Berufe haben auch die Möglichkeit, eine Partnerschaftsgesellschaft zu betreiben.

Die Wahl der geeigneten Rechtsform

Vor der Wahl einer geeigneten Rechtsform ist eine Grundsatzentscheidung zwingend erforderlich. Soll die Musikschule allein oder gemeinsam geführt werden?
Dafür, die Musikschule allein zu betreiben, sprechen folgende Argumente: Der Musikschulleiter ist in seinen Entscheidungen weitgehend frei; er kann seine Musikschule vergrößern oder verkleinern, er kann einen anderen Standort wählen, kann seine Musikschule umbenennen, kann LehrerInnen einstellen oder entlassen. All dies kann er machen, ohne sich mit anderen abstimmen zu müssen. Falls die Musikschule Gewinn erzielen sollte, muss der Einzelunternehmer diesen mit niemandem teilen. Im Gegenzug trägt der Einzelunternehmer auch allein die Verantwortung. Er haftet mit seinem persönlichen Vermögen, muss erforderliches Kapital allein aufbringen und hat keine Partner, mit denen er sich absprechen kann. Risiken und Chancen ob­liegen allein dem Musikschulbetreiber.
Eine Musikschule mit anderen Gesellschaftern zu betreiben, bietet ebenfalls Vor- und Nachteile. Beispielsweise kann die tägliche Arbeit nach den Vorlieben und Talenten der einzelnen Führungspersonen aufgeteilt werden: So kann einer für die Erstellung eines pädagogischen Konzepts verantwortlich sein, während ein zweiter die Musikschule nach außen vertritt und ein dritter sich um die Finanzen kümmert. Allerdings müssen sich die Betreiber abstimmen, was den Kommunikationsaufwand deutlich erhöht; auch müssen sämtliche Gewinne geteilt werden.

Die Musikschule als Verein
Eine Musikschule als Verein zu führen, ist ein gängiges Modell in der Praxis. Grundsätzlich ist Vereinen eine Gewinnerzielungsabsicht untersagt. Ihr primäres Ziel dient der Verwirklichung gemeinwohl­orientierter Ziele. Wie bereits erwähnt, sind Vereine juristische Personen. Sie sind also Träger von Rechten und Pflichten und können auch vor Gerichten klagen – oder verklagt werden. Der Verein haftet mit seinem Vereinsvermögen. Für die Gründung eines Vereins sind sieben Personen notwendig; allerdings reichen nur drei Personen für die Besetzung eines Vorstands aus. Der Gesetzgeber schreibt zwei Or­gane vor, die jeder Verein besitzen muss: den Vorstand und die Mitgliederversammlung.
Wer seine Musikschule als Verein führen möchte, muss beim örtlichen Finanzamt eine Vereinssatzung einreichen. In der Satzung müssen die Ziele und der Zweck klar formuliert werden. Beispielsweise ist folgende Formulierung eines Vereinsziels denkbar: „Der Verein ist Träger der Musikschule xy. Er dient einer möglichst früh einsetzenden und umfassenden musika­lischen Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, dient aber zusätzlich auch der musikalischen Erwachsenenbildung.“ Vordrucke für das Erstellen einer Satzung sind beim Finanzamt erhältlich. Ist der Verein eingetragen, kann mit dem Betrieb einer Musikschule begonnen werden. Es ist sinnvoll, die Bescheinigung der Gemeinnützigkeit zu beantragen. Dies geschieht ebenfalls beim Finanzamt. Gemeinnützigen Vereinen werden steuerliche Begünstigungen, wie beispielsweise die Befreiung von Ertragssteuern, zugestanden. Zudem darf ein Verein Spenden entgegennehmen.

Die Musikschule als gGmbH
Die gGmbH ist eine Mischform zwischen einem Verein und einer GmbH. Wer als Rechtsform seiner Musikschule das Modell einer gemeinnützigen GmbH nutzen möchte, muss zunächst eine Satzung abschließen, deren Zielsetzung gleichzeitig die Anforderungen des Gemeinnützigkeits­rechts erfüllt. Diese sind im Steuerrecht verankert und unter Abgabenordnung (AO) § 52 Gemeinnützige Zwecke nachzulesen.
Wer eine gGmbH gründen möchte, muss ein Stammkapital von mindestens 25000 Euro einbringen. Die gGmbH ist ebenfalls wie der Verein eine juristische Person und somit Trägerin von Rechten und Pflichten. Wenn die gGmbH Gewinne erwirtschaftet, dürfen die Gesellschafter diese nicht entnehmen. Gewinne sind für die Erreichung gemeinnütziger Ziele zu reinvestieren. Grundsätzlich sind gGmbH-Musikschulen zur Erstellung einer Bilanz verpflichtet, was in der Regel einen Mehraufwand an Rechts- und Steuerberatungsleistung bedeutet.
Ein wesentlicher Vorteil einer gGmbH ist der Gemeinnützigkeitsstatus. Wie ein Verein darf eine gGmbH Spenden entgegennehmen. Gerade für Privatpersonen ist dies oft ein Anreiz, Geld- oder Sachmittel zu spenden, da die Zuwendungen steuerlich geltend gemacht werden können. Des Wei­teren bietet der Status der Gemeinnützigkeit einen erheblichen Image-Vorteil: Pressemitteilungen einer gGmbH oder eines Vereins werden öfter veröffentlicht als von Musikschulen, die als GbR oder Einzel­unternehmen geführt werden. Zudem ist es möglich, dass die Kommune ortsansässige SchülerInnen finanziell unterstützt.

Die Musikschule als Einzelunternehmen
Die allgemeinen Vor- und Nachteile, seine Musikschule als Einzelunternehmen zu führen, sind bereits beleuchtet worden. In der Praxis zeigen sich im Vergleich zum Verein oder einer gGmbH allerdings noch weitere Nachteile. Das Image einer Einzelunternehmensmusikschule ist gesellschaftlich niedriger als das einer Musikschule mit Gemeinnützigkeitsstatus. So wird Einzelunternehmen oft unterstellt, ausschließ­lich wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dass die Musikschule primär musikpädagogische Ziele verfolgt, wird von keiner unabhängigen Stelle kontrolliert und bescheinigt. Daher ist es ratsam, dass Einzelunternehmensmusikschulen – dies gilt selbstverständlich für alle Musikschulen, unabhängig von der gewählten Rechtsform – ein eigenes musikpädagogisches Konzept und Leitbild entwickeln. Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit kann das Image der Musikschule verbessert werden. Ob der skizzierte Image-Nachteil von den MusikschülerInnen wahrgenommen wird, ist fraglich.
Des Weiteren erhalten Musikschulen ohne Gemeinnützigkeitsstatus keine Fördergelder und der kostenfreie Zugang zu öffentlichen Räumen, wie beispielsweise die Nutzung der Räumlichkeiten in Schulen, ist oftmals untersagt.

Die Musikschule als GbR oder Partnerschaft
Lange Zeit war die BGB-Gesellschaft die gängige Rechtsform, um eine Personen­gesellschaft zu bilden. Nach §§ 705 ff. BGB heißt es: „Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbeson­dere die vereinbarten Beiträge zu leisten.“ Ein wesentlicher Vorteil des Modells einer BGB-Gesellschaft ist, dass für die Tätigkeit der Gesellschafter die Entrichtung der Künstlersozialabgabe an die Künstlersozial­kasse entfällt. Immerhin sind derzeit 5,2 Prozent auf sämtliche Lehrerhonorare zu entrichten. Ein Nachteil besteht allerdings in der Haftung, da in einer BGB-Gesellschaft jeder Gesellschafter auch für die Fehler seiner Mit-Gesellschafter haftet.
Seit 1998 ist die Rechtsform der Partnerschaft hinzugekommen. Sie ermöglicht die Vorteile einer Personengesellschaft mit eingeschränkter Haftung; man spricht hier auch von partieller Haftungsbeschränkung. So müssen Partner nicht für die Fehler der anderen Partner haften. Inwiefern diese Rechtsform für Musikschulen geeignet ist, ist strittig, da ein möglicher Schaden beim Erteilen von Musikunterricht gering sein dürfte. Zudem ist die Gründung einer Partnerschaft mit einem größeren vertraglichen Aufwand verbunden als die Gründung einer BGB-Gesellschaft.

Resümee

Welche Rechtsform für das Betreiben einer Musikschule die geeignetste ist, kann nicht abschließend geklärt werden. Allerdings gelingt es Musikschulen mit Gemeinnützigkeitsstatus in der Praxis leichter, gesellschaftlich zu reüssieren. Sie können durch diesen Status Fördermittel beantragen, Spenden entgegennehmen und genießen im Allgemeinen einen höheren gesellschaftlichen Stellenwert. Dennoch ist es keineswegs so, dass die Wahl einer Rechtsform mit Gemeinnützigkeitsstatus dazu führt, dass die Musikschule automatisch Fördergelder erhält. Denn in der ­Regel werden ausschließlich kommunale Musikschulen bezuschusst. Eine gerech­te­re Verteilung der Fördermittel wäre durch­aus denkbar und wünschenswert.
Von Albert Einstein wird folgende Aus­sage überliefert: „Ich bin auch überzeugt, dass die Freude an geistigen Dingen am reinsten dort anzutreffen ist, wo diese nicht mit dem Broterwerb verknüpft ist.“ Für MusikschulleiterInnen und -lehrkräfte sollte beides möglich sein: Freude am Unterrichten und ausreichender Broterwerb.