Simon, Jürgen

Weniger ist mehr

Mit freier Software wie „Gimp“, „Inkscape“ oder „Scribus“ kann man seine Drucksachen selbst gestalten

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 3/2014 , musikschule )) DIREKT, Seite 08

Obwohl es nicht zur Ausbildung gehört, muss sich früher oder später fast jeder Musikschullehrer und jede Musikerin mit der Erstellung von Druckerzeugnissen befassen. Egal, ob es sich um die Einladung oder das Plakat für das nächste Schülervorspiel handelt, ob es um einen Flyer zur besseren Vermarktung der eigene Angebote oder einen Aufruf an die Eltern zu einer Demo vors Rathaus geht: Heute genügt es nicht mehr, einen handgeschriebenen oder formlosen Zettel zu verwenden.

Der allgegenwärtige Computer hat nicht nur die Möglichkeiten jedes Einzelnen erweitert, er hat auch die Anforderungen, die an solche selbst hergestellten Druckerzeugnisse gestellt werden, stark erhöht.
In vielen Fällen scheitert ein gelungenes Ergebnis bereits an ungeeigneter Software. Zwar können moderne Textverarbeitungsprogramme recht ansprechende Ergebnisse erzeugen, aber nicht ohne Grund werden im professionellen Bereich Spezialprogramme eingesetzt. Diese Programme werden in drei Bereiche unterteilt: Bild­bearbeitung, Grafik und Layout. Dabei beherrschen hier nur wenige Hersteller den Markt mit Programmen, deren Preise weit jenseits der Möglichkeiten von Gelegenheitsanwendern liegen.
Um qualitativ hochwertige Layouts zu erstellen, gibt es jedoch mittlerweile auch hervorragende freie Software. Das bekannteste frei erhältliche Programm im Bereich Bildbearbeitung ist zweifellos Gimp. Aber auch für Grafik und Layout stehen mit Inkscape (Grafik) und Scribus (Layout) ausgezeichnete Programme zur Verfügung. Alle drei Programme liegen mit deutscher Bedienoberfläche und deutschen Hand­büchern bzw. Tutorien vor. In vielen Teilen erreichen die drei Programme ein Niveau, das sich durchaus mit professionellen Produkten messen kann. Auch der Funktionsumfang ist inzwischen enorm. Dies führt jedoch dazu, dass die Programme eine nicht unerhebliche Einarbeitung erfordern. Man sollte daher keinesfalls den Zeitaufwand unterschätzen, der erforderlich ist, um mit dieser Software zu arbeiten, zumal auch die Konzepte und Arbeitsweisen zum Teil erheblich von dem abweichen, was man von einer Textverarbeitung gewohnt ist.

Ausdruck

Obwohl das Drucken eigentlich erst am Ende der gesamte Arbeit steht, sollte man sich bereits im Vorfeld Gedanken über Art und Umfang der gewünschten Druck­erzeugnisse machen. Solange es nur um ein Dutzend Programmzettel geht, kann der heimische Drucker durchaus eine mögliche Wahl darstellen. Geht es jedoch um größere Auflagen, mehrseitige Broschüren, vollflächig farbige Hintergründe oder andere anspruchsvollere Druckauf­gaben, ist es zweckmäßig, die Art des Ausdrucks vorher festzulegen.
Der einfachste Weg ist häufig der zum nächsten Copyshop. Die Angebote sind meist relativ preiswert und die Anforderungen an die Vorlagen gering. Die meisten Copyshops akzeptieren heute prob­lemlos Vorlagen als PDF-Datei. Allerdings haben Copyshops in der Regel Schwierigkeiten, wenn es z. B. um vollflächige Hintergründe, besondere Falzungen oder vom Standard abweichende Papierformate geht. Auch bei den Preisen können Druckereien häufig schon ab Auflagen von 100 bis 150 Exemplaren mit den Copyshops konkurrieren. Es lohnt sich also auf jeden Fall, einmal bei einer Druckerei anzufragen.
Auf der anderen Seite stellen Druckereien häufig höhere Anforderungen an die Vorlage. Oft wird eine Vorlage im CMYK-Format als PDF oder TIFF verlangt. Da weder Gimp noch Inkscape einen brauch­baren CMYK-Export anbieten, bleibt in diesem Fall nur der Weg über Scribus, das mit diesen Ausgabeformaten keine Schwierigkeiten hat. Scribus wandelt Bilder und Gra­fiken, die im RGB-Format vorliegen, in den gewünschten Farbraum um, sodass auf diese Weise auch Dateien, die mit Gimp oder Inkscape erstellt und in Scribus importiert wurden, problemlos verwendet werden können.

Gestaltung

Wenn es um eine optisch ansprechende Gestaltung geht, dann sollte „Weniger ist mehr“ zu einer zentralen Maxime werden. Ein Dokument, das in allen Farben des Regenbogens schillert, bei dem womöglich Text in vielen verschiedenen Farben dem Leser entgegenschreit, wird von den meisten Betrachtern als unangenehm und vor allem unseriös wahrgenommen. Auch Texte, die mit vielen verschiedenen Schrift­arten und -größen oder Hervorhebungen (fett, kursiv, unterstrichen) arbeiten, werden häufig als wenig professionell empfunden.
Aber auch bei der Textmenge sollte man diese Regel beachten. Wer z. B. einen Infobrief oder ein Flugblatt entwirft, sollte versuchen, möglichst prägnante Kernthesen zu formulieren, und auf lange Texte verzichten. Ein randvoller, eng mit Text beschriebener Brief wird häufig zunächst ungelesen zur Seite gelegt, um ihn später zu lesen – und dann nicht selten ganz zu vergessen. Auch beim Entwurf eines Plakats sollte sparsam mit Text umgegangen werden. Es ist nicht wichtig, dass eine Leserin dem Plakat den genauen Programmablauf nebst aller Mitwirkenden entnehmen kann. Viel wichtiger ist, dass ein Passant schon aus etlichen Metern Entfernung die zentralen Informationen – was, wann, wo – entnehmen kann. Das sollte man vor dem Druck am besten selbst einmal testen und das Plakat in Originalgröße aus einem ­Abstand von mindestens fünf Metern betrachten. Um Poster in Originalgröße auszudrucken, bieten die meisten Druckertreiber unter Bezeichnungen wie „Posterdruck“ oder „Mehrfachblattlayout“ eine Funktion an, die übergroße Seiten auf mehrere DIN-A4-Seiten verteilt.

Pausen sind auch Musik

Was für die Musik gilt, gilt im übertragenen Sinne auch für Grafik und Layout: Großzügig bemessene Leerräume erzeugen meistens ein angenehmeres Gesamtbild. Bei Briefen sorgen ausreichend große Seitenränder ebenso wie nicht zu kleine Zeilen- und Absatzabstände für ein harmonisches optisches Ergebnis. Längere Texte sollten in regelmäßigen Abständen in Absätze unterteilt werden, die jedoch andererseits auch nicht zu kurz (nur zwei oder drei Zeilen) werden dürfen.
Wenn Abbildungen in einem Text verwendet werden, sollte der Abstand zwischen Text und Abbildung nicht zu gering sein. Außerdem sollte man vermeiden, die Seiten mit zu vielen Abbildungen, womöglich noch mit unterschiedlichen Abmessungen, allzu unruhig zu gestalten.

Logo-Logik

Vor der Gestaltung von Logos sollte man einige grundsätzliche Vorüberlegungen anstellen. Da Logos häufig in unterschied­lichen Größen und für unterschiedliche Medien (Briefkopf, Plakat, Internet) verwendet werden, ist es zweckmäßig, das Logo als Vektorgrafik anzulegen – in diesem Fall ist Inkscape das Programm der Wahl. Solche Vektorgrafiken lassen sich ohne Qualitätsverlust beliebig vergrößern und verkleinern. Im Allgemeinen ist es sinnvoll, Logos mit einem durchsichtigen Hintergrund zu erstellen, damit man sie auch auf farbigen Hintergründen einsetzen kann, ohne dass das Logo den Hintergrund mit einem weißen Kasten verdeckt.
Auch bei Logos gilt das Prinzip der Sparsamkeit. Ein Logo, das bereits ein Dutzend Farben enthält, kann auf nahezu keinem farbigen Untergrund angebracht werden. Damit ein farbiges Logo möglichst vielfältig eingesetzt werden kann, ist es sinnvoll, bereits bei der Erstellung darauf zu achten, dass das Logo auch einfarbig noch gut erkennbar ist, denn nur so kann es auch für preiswerte Schwarz-weiß-Kopien eingesetzt werden. Auch sollten Logos nicht zu komplex sein, sonst werden sie schnell unkenntlich, wenn sie z. B. sehr klein auf einer Visitenkarte erscheinen. Schlichtere Logos haben einen höheren Wiedererkennungswert – und darum geht es bei einem Logo ja in erster Linie.

Rechtliches

Wer etwas veröffentlicht, muss heutzutage immer auf die rechtlichen Rahmenbedingungen achten. Selbstverständlich muss auch hier das Urheberrecht beachtet werden. Das bedeutet, dass Fotos und Bilder unbekannter Herkunft, die womöglich aus dem Internet stammen, absolut tabu sind. Aber auch wenn die Herkunft von Abbildungen bekannt ist und der Urheber einer Verwendung zugestimmt hat, gibt es noch Fragen, die zu klären sind. So sind bei Fotos von Minderjährigen strenge Vorschriften zu beachten. Eine (schriftliche) Zustimmung der Erziehungsberechtigten ist zwingend erforderlich. Wenn die Bilder im Rahmen einer Veranstaltung einer allgemein bildenden Schule entstanden sind
(z. B. beim Klassenmusizieren), sollte neben einer Genehmigung für jedes einzelne Kind auch eine Genehmigung der Schule eingeholt werden – dies kann meist zentral über die Schulleitung geschehen.
Bei fremden Texten muss in der Regel das Urheberrecht beachtet werden. Gerade Musiker sind häufig versucht, aus Kritiken ihrer Konzerte zu zitieren. Doch auch relativ kurze Zitate bedürfen dabei einer Genehmigung.
Einen weiteren Stolperstein stellt das Presserecht dar. Ob eine Veröffentlichung dem Presserecht unterliegt, ist nicht immer leicht zu entscheiden. Bei reinen Werbebroschüren und Plakaten wird dies normalerweise nicht der Fall sein. Bereits die Information über eine bevorstehende Lehrerdemo in einem Elternbrief kann als Aufruf zu einer Demonstration interpretiert werden. In diesem Fall kann es erforderlich sein, ein V.i.S.d.P. („Verantwortlich im Sinne des Presserechts“) anzubringen. Da das Presserecht zwischen den Bundesländern variiert, muss sich hier jeder selbst informieren. Im Zweifelsfall ist es besser, ein V.i.S.d.P. anzubringen, wenn man sich nicht sicher ist.